Gerhard Mentzel

Schänzelstrasse 9

67377 Gommersheim

gerhard.mentzel@gmx.de                                                                            September 2008

 

 

 

An

den Heiligen Vater

Papst Benedikt XVI.

Prof. Josef Ratzinger

 

Via della Concilazione

SCV-00120 Citta Del Vaticano

 

 

 

 

 

Bitte um Anstoß einer theologischen Forschung, die nach einer naturwissenschaftlich belegten kreativen=schöpferischen Vernunft als Wesen des historischen und damit heute  lebendigen Jesus, somit echt universaler natürlich-geschichtlicher Offenbarung fragt:

Ein Paradigmenwechsel mit echt messianischer Wirkung, konkreter Problemlösung.

 

 

Sehr verehrter Heiliger Vater,

sehr geehrter Herr Prof. Josef Ratzinger,

 

wenn Ihre Pariser Rede vom 12. September vor 700 Vertretern der UNESCO zur zeitgemäßen Suche nach Gott, Ihre vielfachen Aussagen über Jesus Christus oder ein schöpferisches Wort/eine Vernunft (gegenwärtiger Antwort verpflichtete Wurzel unserer philosophisch-griechischen und jüdisch-christlichen Kultur) nicht nur als religiöse Rhetorik verstanden werden und ihre Aufforderung zum zeitgemäßen Verstehen im Wind verhallen soll, dann wäre in theologischer Konsequenz wissenschaftlich zu fragen und zu forschen. Auf dem Weg zu einem in aller Welt, wie zur Zeitenwende wirk-lichen Jesus, zu dem Sie bereits als Kardinal Ratzinger aufriefen, haben Sie die Chance, nicht nur die Kulturschaffenden zum neuen Verstand zu führen, sondern die aufgeklärte Welt.

 

Ich bin ein theologischer Laie, der nach jahrzehntelanger Auswertung der historisch-kritischen Forschung, der Fundamentaltheologie und biblischen Lehre gewiss ist, dass es sich beim historischen Jesus, gleichzeitig dem ewigen und endgültigen Grund des jüdisch-christlichen Glaubens an den einen Schöpfer nicht um einen geheimnisvoll zum Christusgott bzw. Logos/Wort erhobenen Wanderprediger oder einen geheimnisvoll vor-gesetzten Gottesbegriff  gehandelt  hat. Nach dem, was uns heute an Wissen um antikes Geschehen und Denken gegeben ist, gehe ich davon aus, dass antike Glaubensaufklärung im „Ein“vernehmen mit monotheistischer Tradition im logischen Fluss des natürlichen Werdens die von Ihnen erneut zum Thema gemachte „schöpferische Vernunft“ als ewiges Wort verstand, als einzigen Sohn sah. Die christliche Monotheismusreform hat danach diesen ewigen Sohn als universalen und endgültigen Offenbarer in der bekannten Geschichtsgestalt zur Sprache gebrachte und so eine echt messianische Wende bewirkt.

 

Als Quereinsteiger in der „Gnade der späten Geburt“, frei von Vorprägungen, die möglicherweise naiv anmuten, komme ich in konsequentem Weiterdenken des heutigen Wissens zu Schlüssen, die sich für die Amtstheologie bisher ausschlossen, aber bei rationaler Betrachtung einer ernsthaften antiken Glaubensaufklärung als einzig logisch und m. E. möglich erweisen. Es sind nicht einzelne Funde oder Aussagen, sondern letztlich alle neuen Erkenntnissen über die christliche Lehre, die sich in bisherigem Kurz-schluss nur gegenseitig verneinten, von einer realen schöpferischen Vernunft ausgehend jedoch historisch-kritische Forschung und die von Ihnen vertretene Fundamentaltheologie auf einen neuen Nenner bringen lassen, der dann auch die neutestamentlichen Bedeutungsaussagen und Geschichtsschilderungen in allegorischer Lesweise bestätigt.

 

Statt den Logos der griechischen Metaphysik, die durch die rationale Wissenschaft abgelöst wurde, weiter völlig neben den Logos einer von charismatischen Menschen verkündeten, nur noch schriftlich-geheimnisvollen Offenbarung zu stellen, um so den Glaube auch nach der Aufklärung bewahren zu können, scheint es an der Zeit, in aufgeklärter Weise eine „schöpferische Vernunft“ zum theologischen Thema zu machen, so nicht nur Jesus, sondern die verschiedenen Mittler auf-verstehen zu lassen. Nicht in alten Mythen oder modernen spekulativen metaphysischen Modellen, sondern in der rationalen Realität des kosmischen und geschichtlichen Geschehens, die heute u. a. in der Evolutionsbiologie deutlicher wird, als noch im universalen Vernunftverständnis der Vergangenheit, das völlig jenseits von Jesus bzw. der alten Mittlergestalten gedacht wurde, will ich genau den sehen, der im Neuen Testament als den Gott der Väter und dessen Willen vermittelnden „Sohn“ ausgedrückt wurde, ewiges Wort war.

 

Auch wenn der Kreationismus eine der wenigen Denkweisen ist, die den angeblich arbeitslos gewordenen Gott wissenschaftlich wieder zum Werk bringen, „Wort und Wissen“ vereinen will, so wird dabei durch eine buchstäbliche Begründung nur in Un- und Übernatürlichkeiten nach einem vorgesetzten Zauberer gesucht, so die gegenwärtige schöpferische Vernunft abgestritten. Selbst die Auseinandersetzung um einen „Intelligenten Designer“ der sich das alles ausgedacht haben muss, oder sonstige Übernatürlichkeiten, die wie selbstverständlich als Gottesbeweise gesehen werden, führen dann in unendlichen Internetdiskussionen das aufgeklärte Denken allenfalls zum Agnostizismus, lenken von der Vernunft/Intelligenz der kosmischen Selbstorganisation, in der das ewiges Wort zu verstehen wäre, ab. Nachdem m.E. im griechischen Weltbild der ewige Logos (eine in den Prinzipien des kausalen Werdens wahrgenommene hervorbringende Vernünftigkeit allen Lebens) als antik aufgeklärt verstandenes „Wort“ des selbst Unsagbaren einen Schöpfers vom prophetischen Anfang verstanden und in menschlicher Gestalt ausgedrückt - so erst zur messianischen Wirk-lichkeit gebracht wurde - will ich das biblisch offenbarte Wort in der Logik des heutigen Weltbildes wieder verständlich machen.

 

Wie unter www.theologie-der-vernunft.de nach zu verfolgen, versuche ich die schöpferische Vernunft, als deren Anwalt man Sie bezeichnet und deren Stellvertreter Sie nach meinem Verständnis auch von Amtswegen sind, seit vielen Jahren in Auswertung aktueller Erkenntnisse bei meinen theologischen Lehrer völlig vergeblich zum Thema zu machen. Denn wo man von Christus spricht, wie wenn es um ein unauflösliches Geheimnis frommer Rede ginge, das gegen alle Vernunft spricht und aus propagandistischen Gründen philosophisch aufgemotzt wurde, Gottes Wirken automatisch in Unerklärlichkeiten begründet oder bewiesen werden soll, die Frage nach universeller Vernunft allenfalls in Pantheismus mündet, man in ein Glaubensverständnis der Ablehnung oder Ignoranz von Vernunft und kausaler Naturlehre geboren ist, in völliger Übereinstimmung alle Hochschullehrer ihr Lebenswerk auf eine Art Wanderguru bauen, sein soziales Umfeld untersuchen und nur in jüdischer oder heidnischer Traditionsliteratur nach den Gründen für dessen Vergötterung forschen, bei der Bezeichnung „Wort Gottes“ nur an Buchstaben denken…, schließt sich ein Denken über das „schöpferische Wort“ im kreativ-vernünftigen Werden aus.

 

Gleichwohl jeder Wissenszuwachs, jedes Buch, das sich ernsthaft mit den Bedeutungsinhalten des Neuen Testamentes und mit den christlichen Anfängen bzw. dem antiken Denken beschäftigt ein neuer Beweis für die Wirkungsgeschichte des sein Ansehen wandelndes ewigen Wortes/schöpferischer Vernünftigkeit wäre, wird im heutigen Paradigma von der Kirchenlehre nur ein Wanderguru als geheimnisvoller Christusgott an den Anfang gestellt. Bei den unzähligen Wissenschaftlern, die Ihrem Denken über den Einfluss griechischer Philosophie auf den christlichen Glauben, ihrem hoheitlichen Jesusverständnis oder Ihrer Bezugnahme auf eine universell schöpferische Vernunft (die weit mehr ist, als ein philosophischer Begriff, der wir alles Werden verdanken, wodurch sich uns der Unsagbare selbst mitteilt) beipflichten, habe ich keine Begründung gelesen, die sich auf diese Vernunft bezieht. Noch weniger, wie diese Vernunft in der Naturlehre der Zeitenwende wahrgenommen wurde, eine für menschliches Verhalten maßgebende konkrete Gestalt hatte und unter dem Namen Jesus in menschlicher Gestalt messianische Wirkung entfaltete. Selbst Prof. Klaus Berger, der die Fundamente des Christentums bestens kennt, nicht nur in der „Weisheit des Neuen Testamentes“ deutlich macht, dass die schöpferische Vernunft gesprochen und gewirkt hat, das wahre Gesetz und lebendige Tempel war, kann im alten Paradigma alles nur in einem unerklärlichen Mythos belassen, der der Welt nicht wirklich was zu sagen hat. Auch die Kritik, wie von Prof. Lüdemann, der Ihr Jesus-Buch als „peinlich-pästliche Entgleisung“ und „völlig unhistorisch“ attackiert, sich empört, dass alles theologischer Wissenschaft längst bekannt sei: kein biblischer Ausspruch von Jesus selbst sei, nichts biblisch berichtetes historisch wahr, sondern nur Kirchenwerk wäre, bleibt im Kurz-schluss eines zu Gott erhobenen Heilspredigers gefangen. Gleichwohl gerade Lüdemann als Gnosiskenner klar sein müsste, dass es darum nicht gegangen sein kann, meint die radikale historische Kritik so der Welt weiß machen zu müssen, dass alles Lug und Trug wäre. Der aufgeklärte Mensch muss dann davon ausgehen, dass die biblische Offenbarung einer Scharlatanerie oder inneren Stimmen entspringt, die man heute für klinische Fällt hält.

 

Warum werden heute die Hoheitsbezeichnungen Jesus nur in heidnischen und altjüdischen Texten nachgeblättert, statt zu belegen, warum die „schöpferische Vernunft“ in menschlicher Gestalt aus dem Hause Davids (königlicher Personifizierung kosmisch wirksamer Weisheit/Vernunft) stammt, von einem heilen schöpferischen Geist gezeugt, jungfräulich von Mutter Kirche zur Welt gebracht wurde, die Funktion des Königs erfüllte, wahrer König der Juden war…Während die gesamte heutige Lehre alles für Doketismus hält, was an einem historischen Zweibeiner zweifelt, sehe ich das Problem der immer unbedeutender werdenden Scheinlehre dort, wo nicht die „menschliche“ und „göttliche“ Seite der schöpferischen Vernunft und der von ihr ausgehende Paradigmenwechsel deutlich zu machen ist. Wo damit Jesus Christus ein willkürlich zu vereinnahmendes bzw. persönlich zu besetzendes Geheimnis bleibt, das der modernen Welt kaum was zu sagen hat oder nur wie ein mystisch-metaphysischer Gott selbst verherrlicht wird, statt auf den einen Schöpfer zu verweisen.

 

Bereits vor Ihrem Deutschlandbesuch hatte ich Sie daher gebeten, sich nicht nur dogmatisch auf eine metaphysische „Vernunft“ bzw. einen universalen Christusgott zu berufen, sondern bereits beim Zwischenstopp in Manopello ein aller Evolution zugrund liegendes Wort/eine kreative Vernünftigkeit zum Thema zu machen und den Intellekt darüber nachdenken zu lassen, warum es vernünftig war und bleibt, dieser den Schöpfer bezeugenden und von ihm gezeugten Vernünftigkeit allen Werdens das menschliche Angesicht zu geben, das auf dem Linnen des Auferstandenen von Manopello zu sehen ist. Die Missverständnisse, die Ihre anschließende Regensburger Abschiedsvorlesung nicht nur in der moslemischen Welt auslösten, sollten Sie daher nicht davon abhalten, weiterhin eine Vernunft zum Thema zu machen, die m. E. allerdings nicht in der menschlichen Rede eines mittelalterlichen Kaisers, sondern in schöpferischer Realität zu begründen ist.

 

Während Ihnen vom brasilianischen Befreiungstheologen, Bischoff Leonardo Boff in einem Sterninterview unlängst vorgeworfen wurde, als Professorenpapst, dem das Charisma fehle, kein guter Hirte zu sein, sondern nur in reaktionäre Vormoderne zurückzufallen, könnten Sie z. B. bei der Bischofssynode zum „Wort Gottes im Leben und der Sendung der Kirche“ im Oktober einen echten „Weidewechsel“ anstoßen, der nicht nur dem heutigen Intellekt und der kognitiven Kirchenlehre, sondern auch dem christlichen Charisma neue Nahrung gibt. Wo die Postmoderne in babylonischer Sprachverwirrung eigene Theorientürme baut, wie einst im Exil „weinend an den Ufern des ewigen Flusses sitzend“ die Gaben der Aufklärung und gleichzeitig den verlorenen Glaube bejammert, zum Vernunftdefätismus neigt, hätten Sie heute die Chance, eine in aller Evolution manifestierte „kreative Vernünftigkeit“ als lebendiges „schöpferisches Wort“ wieder-verstehen und zur offenbarenden schöpferischen Wirk-lichkeit werden zu lassen. So eine Vernunft anzusprechen, die nicht weiter als eine griechischer Philosophie nachhängende päpstliche Dogmatik abgetan werden kann, die metaphysisch neben der „natürlichen Vernunft“ steht. Es geht um ein Denken, das dann auch nicht weiter, z. B. vom Vorsitzenden der EKD Bischof Huber, wie in einem FAZ-Gespräch über das „Jahrhundert der Freiheit“ geschehen, als Verzeichnung von Aufklärung und Reformation kritisiert werden kann, weil angeblich die Neuzeit als Verfallsgeschichte gedeutet würde. Vielmehr wäre auf Basis des reformierten biblischen Verständnisses und der Aufklärung eine universale Vernunft zur Wirk-lichkeit zu bringen, die nicht einfach die Vernunft der Natur vereinnahmt oder verherrlicht, sondern in Denkfreiheit wieder als Wort Gottes verstehen lässt.

 

Der aktuelle Anlass, Sie zu bitten, zumindest einzelne Religionswissenschaftler zu einer Wende in der Forschung der christlichen Wurzel anzustoßen, der dem Geist der Welt neuen Grund gibt, ist Ihr Jesus-Buch. Hier haben Sie in wissenschaftlicher Auswertung mehr als deutlich werden lassen, dass es den Verfassern der Bibel nicht um das Wesen ging, das derzeit die historische Kritik ausschlachtet, somit die christliche Lehre ohne geschichtlichen und geistigen Grund zu einer Lächerlichkeit macht, die allenfalls zu einer unbestimmten neuen „Religiosität“ oder purem Humanismus taugt, keine schöpferische Vernunftorientierung bringt. Wenn es im Neuen Testament nicht um einen gutherzigen Guru, sondern um den echten „Sohn Gottes“ das „lebendige Wort“ geht, das auch Grund des anfänglichen Monotheismus war und den Schöpfer nun in universaler Weise für Heiden und Juden offenbarte, müssen wir dann nicht genau dort suchen, wo dieser Sohn im Kontext der griechischen Philosophie und in allegorischer Auslegung der alten Glaubenszeugnisse damals als in den Prinzipien des natürlichen Werdens lebendige Vernunft/Weisheit gesehen wurde?

 

Kann allein eine mythologische Buchgestalt, ein gespenstisch-unbegreifbares Christusgeheimnis die lebendige Wahrheit sein, die uns von griechisch gebildeten Glaubensaufklärern, die vom jüdischen Glauben an den einen Unsagbaren aufgrund des ewigen Wortes begeistert waren und die den philosophisch nachweislichen Logos allen natürlichen Werdens als neue „Wort-Offenbarung“ schilderten? Oder hat uns der Schöpfer mit aufgeklärtem Verstand begabt, um aus neuer Perspektive nach der einer schöpferischen Vernünftigkeit in kreativem Zufall und den Zweckmäßigkeiten des evolutionären Verlaufes zu fragen, so auf neue Weise ein lebendiges Wort, universale Tora zum Thema zu machen?

 

Auch Ihre Bezugnahme auf eine „schöpferische Vernunft“, die als Grund aller Genesis der Maßstab sei, nach dem sich die säkulare subjektive Vernunft ausrichten müsse, bei Ihrem Deutschlandbesuch oder der nicht gehaltenen Rede an der Universität La Sapienza, machen mir Mut, sie zu bitten, in allem evolutionären Geschehens eine Vernünftigkeit als antiken Heilsgrund und heutige Vergegenwärtigung von Schöpfung hinterfragen zu lassen. Der von Ihnen erweiterte Vernunftbegriff war Thema eines Vortrages, den Ihr ehemaliger Schüler und Nachfolger im Lehramt für Dogmengeschichte, Prof. Wolfgang Beinert vor wenigen Wochen bei einer Tagung der Diözese Rottenburg-Stuttgart in Weingarten „Muss der wahre Naturwissenschaftler Atheist sein?“ hielt. (www.forum-grenzfragen.de) Gleichwohl er mich nach drei in abendlicher Runde geleerter Flaschen Wein wahrscheinlich für betrunken hielt, als ich daran zweifelte, dass es den Verfassern des Neuen Testamentes um einen zum Gottessohn erhobenen oder gar selbst vergötterten Menschen und seine Fischerfreunde ging – der doch derzeit völlig unangezweifelt von Ihnen und aller ernsthaften Wissenschaft für das historische Wesen gehalten würde – machte er am nächsten Morgen in Berufung auf Ihren Vernunftbegriff und Ihre Bezugnahme zum griechischen Denken mehr als deutlich, dass es damals weder um einen besonders charismatischen Religionsreformer, noch um ein anschließend diesem angehängtes Dogma vom gesetzten Christusgott gegangen sein kann.

 

Wenn zutrifft, was Sie zum Einfluss des damals konkreten griechischen Logos auf die christliche Lehre auswerten und gleichzeitig als theologischer Wissenschaftler zur Person Jesus sagen, dass die schöpferische Vernunft durch Jesus wieder zu ihrem Recht kommt, durch Jesus eine universale Wahrnehmung des einen Schöpfers gegeben war… Und wenn wir ernst nehmen, was heute an hochtheologischen Bedeutungsinhalten bzw. Heilswirkungen über Geburt, Leben, Tod und Auferstehung Jesus dargelegt wird, genügt es dann, sich nur dogmatisch auf eine „universale Vernunft“ und einen „Christus“ zu berufen? Wäre es nicht Aufgabe ernsthafter Theologie, über die menschliche und gleichzeitig objektive schöpferische Seite einer kreativen Vernünftigkeit nachzudenken, die damals eine geistige Wende bewirkte und die heute wieder – jetzt beispielsweise in empirischer Evolutionslehre- deutlich zu machen wäre? Könnte nicht so im Paulusjahr ein antiker Paradigmenwechsel deutlich werden, der gerade heute wieder heilsam wäre?

 

Nach langjährigen Studien der historisch-kritischer Forschung, der Dogmenlehre, frühkirchlicher Diskussionen, Textfunden oder Erkenntnissen über den geistesgeschichtlichen Kontext bin mir sicher, dass es den Evangelisten um ein Wesen ging, das damals u. a. die Philosophie Alexandrien als Gottessohn beschrieb und das somit genau dort zu suchen wäre, wo heute auf wissenschaftliche Weise die Welt erklärt wird. Wer jüdisches und griechisches Denken, die damalige Diskussion und die theologischen Bedeutungsaussagen ernst nimmt, für den muss es m. E. doch völlig absurd sein, weiter von einem zu Gott erhobenen Gutmenschen auszugehen. Und je mehr die Apologeten und Denker des Anfangs die menschliche Seite Jesus betonen, desto mehr wird doch deutlich, dass es in früher Diskussion nur um die menschliche Seite der schöpferischen Vernunft, des Logos gegangen sein kann. Warum kann daher nicht die kirchliche Forschung nach einer kreativen Vernunft (die weder nur ein platonische Idee, ein Weltgeist oder eine pantheistische Weltvergötterung ist) Antwort auf den neuen, oft oberflächlich argumentierenden naturalistischen Atheismus geben, der die Aufspaltung unseres Weltbildes in besonderer Weise deutlich werden lässt?

 

Seit Beginn der Aufklärung ist zu beobachten, wie immer wieder über eine Vernunft nachgedacht wurde, die oftmals auch in natürliche Theologieversuche eingeflossen ist. Doch ohne diese mit dem „offenbarenden Wesen“ unseres Glaubens in Verbindung bringen zu können, bleiben, wie im auch Idealismus, Monismus oder naturalistischen Pantheismus der Neuzeit, die Glaubens- und Weltvorstellungen getrennt. So können weder mystisch klingende Traditionslehren, noch moderne naturalistische Wissenschaft den Menschen Sinn vermitteln, sie für die sichtbare Schönheit und Vernünftigkeit allen evolutionären Werdens begeistern und so als Teil einer kreativen Ordnung verant“wort“lich machen. Alle natürliche Theologien oder Versuche, die Evolution als schöpferisches Wirken erklären zu wollen müssen scheitern, solange wir einen offenbarenden Gut- oder Gottmenschen, statt die schöpferische Vernunft an den Anfang stellen.

 

Kann ein Jesus, wie ihn heute die gesamte Wissenschaft für historisch hält und bisher zum Gegenstand aller Untersuchungen machte, der heutigen Welt Schöpfung und Sinngebung vergegenwärtigen, über die alten Gesetze hinaus das bewirken, was uns biblisch verheißen ist? Der Jesus, den die heutige Hochschullehre hinterlässt, ist weder in den dicken Büchern über moderne Schöpfungstheorien oder bei den Schöpfungs-Vorträgen der katholischen Akademien ein Thema, noch hilft er meinen Kindern oder Freunden vom Pfarrgemeinderat, die sich dann alle ihre ganz persönlichen Schöpfungs- oder Glaubensvorstellung machen und trotzdem „Mono“theisten nennen.

 

Ich kann nicht länger nachvollziehen, warum nicht beispielsweise in der Darstellung des Evolutionsbiologen in Weingarten ein „Schöpfungswort/eine Vernünftigkeit“ wahrgenommen werden kann, die auch dem Schriftwort bzw. anfänglichen Monotheismus und seiner griechisch-jüdischen Aufklärung zugrunde liegt. Allein der Bezug auf das vieldeutig-universale Offenbarungsverständnis des Bonaventuru, die mystisch klingende kosmologische Evolutions-Christologie Teilhard de Chardins oder andere universale Vorstellung, wie sie z.B. kürzlich kirchliche Denker in einer „Concilium“ zum Thema „Die Theologie und die Pluralität der Religionen“ darlegten, erscheit mir zu kurz, wenn darin nicht der von Ihnen „schöpferische Vernunft“ genannte universale Grund des urchristlichen Glaubens neu nachgedacht werden kann.

 

Mit jedem Wort, das ich in Ihren zahlreichen Veröffentlichungen lese wird mir bewusster, dass es vor 2.000 Jahren weder um einen Kyniker oder einen frommen Toralehrer ging, sondern den Grund von griechischer Philosophie und jüdischem Gesetzesglaube – der nicht einfach als Gottesmythos zu glauben ist, sondern die Wahrnehmung des lebendigen Schöpfers erst bewirkte - in neuer Weise lebendig war. Die „Einheit der Nationen“, die Sie als Vision der Kirchenväter auswerten – und deren Theologie auch maßgeblich mein Verständnis geprägt hat - lässt sich weder in einem dogmatischen Gottesbegriff, noch in dem begründen, was heute als historischer Jesus an Hochschulen hinterfragt wird. Es kann nicht nur neue menschliche Ethik, noch ein dogmatisch gesetzten geheimnisvoller Christusgott gewesen sein, sondern eine echte Glaubensaufklärung, die einen konkreten Grund hatte, der heute wieder sichtbar zu machen wäre. Wenn all die Aussagen in Ihren Predigten, Denkschriften und Büchern für das aufgeklärte Denken nicht nur leere Worte eines gestrigen Glaubens zur kirchlichen Manipulation, allenfalls persönliche Erbauung sein sollen, müsste es dann nicht Aufgabe katholischer Wissenschaft sein, die „geschichtliche“ Persönlichkeit Jesus (z.B. die menschlich und schöpferische Seite der damals in der Stoa philosophisch-pantheistisch selbst zu Gott erhobenen Vernunft), ihre historische Wirk-lichkeit in menschlicher Person (Rolle/Aufgabe) und gleichzeitig heutige Problemlösung aus neuer Perspektive zu hinterfragen?

 

Kann sich nach dem, was Sie geschichtlich und theologisch deuten, die gesamte Wissenschaft weiter darauf beschränken, ein Wesen zu untersuchen, wie es der Osterspiegel „Als Jesus noch ein Guru war“ derzeitiges Denken spiegelte? Wieso sind unzählige Geistes- und Geschichtswissenschaftler mit der Radiokardonanalyse des Turiner Grabtuches beschäftigt, ohne dass einer die geschichtliche Wirkung der jüdischen Weiterführung des griechischen Vernunftverständnisses analysiert, um so den biblischen Geschichten von der Wirk-lichkeit des von Menschen ungezeugten Gottessohnes in bekannter Gestalt einen realen theo-logischen Grund zu geben?

 

Ich hoffe deutlich machen zu können, dass nicht die Aufgabe der Geschichtlichkeit oder gar der biblischen Darstellungen und deren geschichtliche und theologische Bedeutung meine Absicht ist. Es geht auch nicht darum, einen historischen Menschen gegen einen universalen Vernunftbegriff einzutauschen. Ganz im Gegenteil. Nur die Erneuerung abstrakter Philosophiebegriffe bringt nicht weiter. Da ich beruflich mit kollektiver Kommunikation beschäftigt bin, ist mir bewusst, wie wichtig menschliche Persönlichkeiten, bekannte Vorstellungen sind, an die wir anknüpfen können. Diese Vernünftigkeit kreativer Kommunikation wird uns täglich vor Augen geführt. Mir geht es daher um ein Auf-heben alter  Wahrheiten in positiven Sinn. Wobei nicht nur im Theologie-Tresor ein Dogma verschlossen wird/sich so selbst aufhebt, „abgeschrieben“ nur noch als Buchwert, scheinbar wertloser Erinnerungsposten dient, sondern mit der Gnadengabe aufgeklärten Wissens und kreativen Denkens weiterentwickelt, zur auf-geklärten Wirklichkeit erhoben wird. Gleichzeitig deutlich zu machen, welchen Mehrwert der Monotheismus bzw. das Wort Gottes Verständnis gegenüber einer abstrakten Lehre und griechischer Vernunftvergottung hatte.

 

Kein moderner Markionismus, der das Schriftwort bzw. die alten Vorstellungen verneint, wie dies bisher bei den zahlreichen philosophischen Theologien zu beobachten war (ob Neuplatonismus, Deismus, Monismus, Pan- oder Panentheismus…), kann Ziel führend sein. Kreativ wäre es, die alte Wahrheit in schöpferischer (Neues hervorbringender) Weiterentwicklung zu verstehen. Nachdem ich ernst nehme, was Sie über den scholastischen Vernunftbegriff denken, die Idee der philosophisch erkannten Wahrheit als einer Kenntnis der göttlichen Dinge, in einer Vernunft, die zu Ihrem Lebensthema geworden ist, in Ihrer „Einführung in das Christentum“ über diese Vernunft in Person sagen, deren interkulturelles Verstehen in Auftrag geben und immer wieder in Texten und Predigten über die Bedeutung Jesus zum Ausdruck bringen, setze ich in Sie meine Hoffnung. Auch wenn bei Ihrem Vernunftbezug leider immer nur der „Wolf im Schafspelz“ vermutet wird, ihnen selbst Intellektuelle wie Jürgen Habermaß, die erkennen, dass der Welt etwas fehlt und seit dem 11. September über eine Wiederkehr der „Götter“, statt des „ewigen Wortes“ des selbst unbeweisbaren, unsagbaren nachdenken, eine metaphysisch bleibende Vernunft-Dogmatik vorwerfen. 

 

Kann es daher nicht auch zur Aufgabe kirchlicher Wissenschaft werden, die Logik der Dogmen oder der menschlichen Gestalt und des menschlichen Aspektes schöpferischer Vernunft als maßgebender Gottessohn in neuer Weise zu belegen, Sie somit auch vom Vorwurf der Ausblendung des historisch-kritischen Wissens bzw. des angeblich historischen Jesus oder des Rückfalles in metaphysische Dogmatik zu befreien. Wäre so nicht auch die Notwenigkeit von Kanon und Kirche zur Vergegenwärtigung des Schöpfers auf neue Weise nachzuweisen? Und warum sollte so der Gott der Liebe verleugnet werden, wenn aufgeklärt in schöpferischer Gnade der selbst unsagbare Vater einer universellen Vernünftigkeit verstanden wird, die am Ausgangspunkt des christlichen Denkens als wahrer Sohn gesehen wurde und die sich in der kreativen Kraft der menschlichen Liebe – in allen Lebensbeziehungen – wie im kosmischen Geschehen zeigt? 

 

Nachdem es uns die Vernunftgabe ermöglicht, mit ihr in neuer Weise die Vernünftigkeit der Naturgesetzte zu durchschauen, könnte es da nicht echte Aufklärung sein, auch nach der Vernünftigkeit eines Kultes zu fragen, ohne dabei den Schöpfervater selbst aus den Augen zu verlieren, sich nur auf die menschliche Nützlichkeit von Religiosität zu beschränken? Was wir als zufällige Prozesse wahrnehmen, ist vom kreativen Standpunkt, den die Evolutionsbiologie einnimmt – ohne dabei allerdings noch über Schöpfung nachzudenken – vernünftig. Warum kann daher der Evolutionserfolg, den jede Art mit den ihr gegebenen Gaben, auf „artige“ – wir auf menschliche - Weise anzustreben hat, nicht das Befolgen göttlicher Gesetze sein? Warum sollten nicht auch Zufall, Mutation und Selektion schöpferische Werk-zeuge sein, wenn heute ihre kreative Vernünftigkeit im evolutionären Verlauf nachgewiesen wird? Wie vor 2000 Jahren, so sehe ich auch heute das Problem nicht darin, im natürlichen Werden und Geschichtsverlauf eine Vernünftigkeit wahrzunehmen, die Naturgesetze neu zu definieren, wohl aber das Glaubensgesetz. Genau darum sind nicht Natur- sondern Kulturwissenschaftler gefragt, die nicht beim historisch-kritischen Kurz-schluss oder unhinterfragbaren Christus-Dogma halt machen, sondern genau den vernünftigen schöpferischen Strom fließen lassen, den der Evolutionsbiologe in Weingarten im kosmischen Verlauf verdeutlichte.

 

Wenn wir von einer kreativen Vernunft als offenbarendes Wort ausgehen, muss die aufgeklärte Wissenschaft, wie beispielsweise Prof. Kanitscheider als Mitglied der atheistisch-humanistischen „Giordano Bruno Stiftung“ in Weingarten nicht weiter denken, dass für Gott kein Raum mehr ist? Auch wenn der hedonistisch nachdenkende Naturphilosoph zuliebe seiner kirchlichen Auftraggeber nur einen „schwachen Naturalismus“ vertrat, der doch noch irgendwie agnostisch einen Schöpfergott nach dem Mythos ermöglicht. Gleichzeitig jedoch ein Buch herausgibt, wo er den Sinn des Seins nur im Menschen selbst sucht. Warum können wir nicht von der kosmisch-kreativen Logik, der Kepler und Galilei dienten, für die Giordano Bruno noch auf dem Scheiterhaufen landete, wegen der Spinoza oder Einstein allenfalls als philosophische Deisten vom Glauben aussortiert wurden und die selbst der in seinem Bestseller „Der Gotteswahn“ bösartig argumentierende Evolutionsbiologe Richard Dawkins anerkennt, in neuem christlich-monotheistischen Sohns- und somit Selbstverständnis auf den selbst unsagbaren Schöpfer und Sinngeber schließen?

 

Was spricht dagegen neu nachzudenken, welches Wesen es war, das im Exil sowie zur Zeitenwende in Auseinandersetzung mit verschiedenen philosophischen und pharisäerhaften Denkweisen eine ähnliche Problemlösung brachte, wie sie heute notwendig wäre? Kann damals ein Gottmensch, ein Geistesgebilde, eine mystische Innenschau bzw. allein die Auffrischung alter Traditionen die Weiterentwicklung von rituserstarrter Glaubensgesetzlichkeit, Polytheismus, Pantheismus, Kaiserkult, Epikur, Stoa oder Sophismus bewirkt, die verschiedenen jüdischen und heidnischen Welt- bzw. Gottesvorstellungen der antiken Welt auf einen neuen Nenner gebracht haben? Könnte nicht von der katholischen Kirche der Anstoß ausgehen, in moderner Weiterführung Philos von Alexandrien in der heute allgemeinverständlichen Selbstorganisation des kreativen Kosmos und des Geschichtsverlaufes genau nach dem Sohn Gottes zu suchen, der damals gesehen wurde? Ohne dabei die menschliche Person Jesus aus den Augen zu verlieren, die sich gegen alle gnostisch-philosophischen Spekulationen, absonderliche Schöpfungserklärungen sowie Abstrakte durchsetzte und erst in allgemein verständlicher, menschlicher Weise echt messianische Wirk-lichkeit hatte?

 

Warum sollte der wissenschaftliche Logos als ewiges Wort in menschlich-geschichtlicher Gestalt nicht in mündiger Weise zur wahrhaft offenbarenden Leitfigur werden? Damit auch den naturalistischen Kurz-schluss tilgen, der nur zu einem Darwinismus führt, wie er heute den Wirtschaftsalltag bestimmt und der beispielsweise auch die nationalsozialistische Abstammungslehre speiste. Könnte es nicht echt katholisch sein, sich genau dort, wo die Wissenschaftler ganz selbstverständlich von „Information“ reden, deren kreative Wirksamkeit verdeutlichen, nach dem schöpferische „Wort“ Gottes zu fragen, um es in der Weiterentwicklung unserer Kultvorstellungen und somit in menschlicher Begeisterung, als humane freie Wesen in aufgeklärter „Brüderlichkeit“ zu verwirklichen?

 

Was hält davon ab, die Paradoxie, den Schein religiöser Lehren z.B. auch durch Denkanstöße in Ihrem weiteren Buch über die Geburt und Kinderjahre Jesus oder der Diskussion mit Bischöfen über das zeitgemäße Verständnis des „Wort Gottes“ aufzulösen, erneut vom menschlichen Mythos zum schöpferischen Logos zu kommen? Ich denke, es ist möglich und an der Zeit, nicht weiter nur menschliche Lehren und Beweise über Gott in die Welt zu setzen, sondern in der wissenschaftlich erklärten Weltvernunft genau den wieder deutlich zu machen, der sich als alleinige „Wahrheit“ bezeichnete und als solche auch von antiker Glaubensaufklärung gesehen wurde. Allein auf eine innere Freundschaft mit einem persönlichen Gott oder alte Lehren zu bauen, erscheint mir zu wenig. Warum soll nicht eine universelle Offenbarung auf neu verstandener alter Grundlage, wie sie noch als „Gefährlicher Modernismus“ aus Ihrer Habilitationsschrift gestrichen wurde, heute die verschiedenen Glaubensvorstellungen und vor allem die seit der Aufklärung auseinander gebrochenen Weltbilder von Wissen und Glaube vereinen können?

 

Von einem neuen Historien- und somit christlichen Selbstverständnis erwarte ich nicht nur ein inhaltliches Füllen (ein völlig neues „wört“liches Verständnis) der Traditionstexte. Vielmehr geht es mir um ein Hören des für Jedermann verständlichen universalen Wortes im allgemeingültigen Weltverständnis, das dann im Ein-vernehmen mit unserer Kulturtradition auf einen selbst unbekannt bleibenden personalen Schöpfer verweist. Anders als bei Buchstaben biegenden Begründungsversuchen, etwa eines Intelligenten Designers oder einer Dogmatik, die als unzeitgemäße Metaphysik abgetan wird, soll auf Grundlage monotheistischer Tradition im aufgeklärten Weltverständnis eine kreative Vernünftigkeit allen Werdens als ewiges „Wort“ (wirk-licher Jesus: zeitgemäße Vergegenwärtigung, verständliche Vermittlung von Schöpfung) begriffen und sich dafür begeistert werden. Im aufgeklärten Bewusstsein und einer der jeweiligen Tradition gerecht werden gemeinsamen Kultpraxis sollen sich so mündige Menschen als „Schöpfungs-werk-zeuge“ zur schöpferischen Verant-wort-ung rufen lassen, sich für eine schöpfungsgerechte „ganzheitliche“ Verhaltensweise in allen Lebensbereichen begeistern und letztlich diese nicht als Last, sondern als Lust empfinden und ausleben.

 

Mir geht es weder um die Verteidigung einer wissenschaftlichen, noch dogmatischen Lehre, sondern die immer dringlicher werdende Orientierung an einer schöpferischen Vernünftigkeit, u. a. einer ökologischen Ordnung, die wir allein aus Wissen und gegenseitigen Forderungen nicht halten. Als Voraussetzung hierfür sehe ich das mündige Verständnis universeller Sinngebung, das nach dem Verfall der traditionellen Werte und dem Misserfolg der philosophisch-humanistischen Ideologien die subjektive Vernunft in Gesamtverant-wort-ung nimmt. Es sind somit auch Überlegungen, die nicht allein die verfehlte Politik für Nahrungsmittelkrise, Energieverschwendung oder weiter Weltprobleme verantwortlich machen, sondern nach den kulturellen Ursachen des Werte-los gewordenen, kurzsichtigen Kapital- und Konsumegoismus fragen. Daher meine Denkweise, die unsere Kultvorstellung, ihrer kreative (schöpfungsgerechte) Weiterentwicklung für das schöpfungsvernünftige Verhalten im Alltag als ebenso notwendig sieht, wie für die Überwindung der vielfältigen, teils blutigen Kulturkämpfe.

 

Es ist mir bewusst, dass all dies ein völliges Umdenken von bisherigen Vorstellungen bedeutet, gleichzeitig die kreative Weiterentwicklung unserer Glaubenskultur nur auf Grundlage der Evangelienlehre möglich ist, die die allegorischen Aussagen aus neuer Perspektive bewahrheitet. Neben einem weiterführenden Nachdenken über die schöpferische Vernunft als historisches Wesen des jüdisch-christlichen Glaubens, zu dessen Anstoß ich Sie bitte, wäre hierzu m. E. auch eine Aufarbeitung der „Geschichte schöpferischer Vernunft“ notwendig (Von Eschnatons erstem rationalen Monotheismus über erneute Mythen, den Logos von Memphis und Moses: den wandelnden prophetische Wort-verstand, bis zur Evolutionslehre).

 

Ist es zu viel verlangt, durch ein Vorwort über Ihr Jesus-, Vernunfts- und Geschichtsverständnis die Veröffentlichung einer wissenschaftlichen Forschung nach der universalen Wahrheit aus völlig neuer Perspektive zu legitimieren? Möglichst einem Kirchenwissenschaftler oder (nur wenn kein anerkannten Denker bereit sein sollte, durch eine kurze konstruktiv-kritische Antwort) auch einen Nobody wie mich zu autorisieren, das allgemeingültige katholische Wort in weltlicher Wirk-lichkeit wieder nachzudenken zu lassen, so in erweiterter Christologie deren universale Bedeutung bewusst zu machen?

 

Auch wenn mein Ansinnen sehr vermessen ist, meine Ausführungen zur schöpferischen Vernunft als lebendigen Gottessohn oder seiner „Auf-verstehung“ (zu finden unter: www.theologie-der-vernunft.de) laienhaft sind, so hoffe ich, in einer kurzen Argumentation von Ihnen oder einem Ihrer Mitdenker nicht nur Beschwichtigung zu hören, sondern was gegen die Erweiterung einer aufgeklärten Christologie und die mündige Realisierung einer schöpferischen Vernunft als Wort, zeitgemäße Vergegenwärtigung von Schöpfung spricht.

 

Mit Hochachtung

und freundlichen Grüßen aus der Pfalz

 

 

 

 

Gerhard Mentzel

 

 

 

 

Während sich inzwischen auch im Islam ernstzunehmende Wissenschaftler weigern, den Koran dogmatisch als Gotteswort anzuerkennen und an der Existenz Mohammeds zweifeln, könnten Sie den Anstoß geben, eine natürliche schöpferische Vernunft als „lebendiges Wort“ zum Thema zu machen, dessen Ur-kunden Bibel wie Koran sind, so auch die Gründergestalten und ihrer jeweilige Glaubenswende in neuer Realität auf-verstehen lassen.