Muhammad:

 Zeuge des heute lebendigen Messias

 

Der Koran bzw. die Entstehung des Islam als orientalischer Beleg für den Logos als das in aller Schöpfung lebendige Wort/die Vernunft des einen Gottes, die zum Neuverstand christlicher Trinität, wie der gemeinsamen Tradition führt.

 

Während die katholische Weltjugend in Köln Christus wie einen persönlichen Gott hochleben lässt, alle Welt denken muss, der Papst würde von einem Religionsgründer reden, der als Kirchengott angesprochen wird, kann uns der Koran auf Jesus als die menschliche Gestalt des in der Kreativität allen natürlichen Werdens wirksamen Wortes hinweisen, das auf den einen Schöpfer der gesamten Welt verweist.

 

Der Koran lässt uns auf den realen schöpferischen Geist in menschlicher Gestalt als Grundlage christlichen Glaubens schließen, wie ihn Heraklit am Ursprung des Denkens im Fluss der dynamischen Lebens-Tod Struktur des Kosmos und damit in der Regelmäßigkeit der erkennbaren Welt-wirk-lichkeit als Logos benannte. Was in jüdischer Sprache als geschichtsmächtiges Wort und schöpferische Weisheit den Monotheismus begründete und heute von jungen Biochemikern und Bestsellerautoren wie Ken Wilber (die von Jesuiten als einflussreichste Denker der Gegenwart besprochen werden) in Zusammenschau mit traditionellen Lehren erneut als schöpferischen Logos allen evolutionären Werdens nachgewiesen wird, stellt uns der Koran als das an Maria ergangene Wort vor. Während der kosmische Christus bei Teilhard de Chardin trotz dessen naturwissenschaftlicher Schau wie eine mystische Gottheit gesehen und auch Einsteins oder Wilbers Schöpfergeist pantheistisch mit einem Wissensgott gleichgesetzt wird, ein unbedeutendes abstraktes Theorienkonstrukt modernen Monismus bleibt, das keine gemeinsame Be-stimmung gibt, stellt sich uns der Jesus des Koran als schöpferischen Geist in Gestalt vor. Ein  lebendiges Wort, das allerdings nicht Gott ist, sondern den einen Schöpfer der Väter offenbart. Im kollektiven Lern- oder Evolutionsprozess der Erkenntnis wird sich erst aus der erneuerten aufgeklärten Ein-sicht der kosmischen Vernunft mit dem menschlichen Geschichtswesen von Neuem Testament und Koran eine neue Stufe universalen Bewusststeins einstellen. Die messianische Wirkung geht erneut von einer Ein-sicht der menschlichen Gestalt des Gotteswortes aus.

 

-Wie eine Auswertung unseres Wissens um die Entstehung bzw. geistigen Grundlagen des Koran bzw. die Ausbreitung des Islam den Grund christlichen Glaubens wieder beleben kann.

 

-Wie sich durch eine neue Leseweise des Koran und seiner Christologie der in allem natürlichen Werden lebendige schöpferische Logos als Wesen des dem Islam vorausgehenden jüdisch-christlichen Glauben belegen lässt.

 

Vorweg:

 

Der Logosbegriff ist hier nicht mit einem vor“gesetzten“ Schriftlogos zu verwechseln, der heute als Christusgott gesetzt, wie eine Art menschliche Miniaturausgabe Gottes gesehen wird, ohne die heutige Welt auf den einen gemeinsamen Schöpfer, seine Allmacht und Güte verweisen zu können. Vielmehr geht es um die ganz natürlichen Prinzipien, wie sie allem Wissen zugrunde liegen, eine schöpferisch-kreative Vernunft/Schöpfungswort, dessen menschliche Gestalt als Wesen des Neuen Testamentes und der frühen Kirche nachgewiesen werden soll.

 

Weder Logos, Vernunft, Wort, Weisheit, Schöpfergeist oder kreative Software des Kosmos können im heutigen Verständnis der Begriffe das vollständig beschreiben, um was es geht. Und so sind die Begriffe für die offenbarende irdische Präsenz des Schöpfers in der Geschichte  in vielfältiger Weise von den verschiedenen Kulturen verwendet worden, bezeichnen unterschiedliche Aspekte. Doch wenn wir mit Hilfe des Koran ernst nehmen, dass es im neuen Testament nicht um einen anschließend theologisch hochgestabelten mythologischen Heilsprediger ging, wird sich ein neues christliches Selbstverständnis einstellen, das in neuer Weise nach dem alles bestimmenden schöpferischen Geist fragt. Bei der Wurzelsuche wird dann nicht mehr nach den Knochen verschiedener Wandergurus oder literarischer Dogmen gegraben, sondern mit neuen Augen (jenseits kurzgeschlossener Buchstäblichkeit und darauf folgendem ebenso missgedeuteten naturalistischen Materialismus bzw. Darwinismus) im modernen Weltbild nach dem wirksamen Schöpfungswort/einer Vernunft aller kosmischer Kreativität gesucht, die auf den einen Schöpfer verweist und den Menschen ein begeisterndes Vorbild für eine schöpferisch-vernünftige menschliche Lebensweise ist..

 

Hier wird nicht davon ausgegangen, dass der Schöpfer in seiner kreativen Vernunft einen Fehler gemacht, seinen bisher nur von Buchstaben und menschlichen Gestalten ausgehenden irdischen Vermittlern zu wenig auf die Finger geschaut oder zu viel Freiheit gegeben hätte. Trotz vieler gegenseitiger Missverständnisse, die von Kreuzzügen, über mittelalterlichen Aberglaube bis zu Auschwitz und dem heutigen Kulturkampf führten, kann in diesem Sinne nicht von „Fehlern“ gesprochen werden. Der gesamte Weg, Kirche, Kanon und die Beschlüsse der frühen Konzile über das Wesen Jesus, Buchglaube und bewahrende Bischöfe, waren die unabdingbaren Voraussetzungen, dass wir heute ein aufgeklärtes Wissen über historische Fakten und die Fähigkeit besitzen, um in Freiheit über den Glauben an den einen Schöpfer denken zu können. Doch falsch wäre es, diese Gaben nicht im Sinne des Creator zur kreativen Weiterentwicklung zu nutzen.

 

Die kreative Vernunft (Logos), wie sie in der Fruchtbarkeit des in der Wechselwirkung von Notwendigkeit und Zufall wirksamen Universums sichtbar wird, die der Leiter der vatikanischen Sternwarte, Georg Coyne, als Entgegnung auf den evolutionskritischen Beitrag von Kardinal Schönborn als wissenschaftlich gesicherte Tatsache bezeichnete, soll als Wesen der antiken Theologie hinterfragt werden:  Ein lebendiges Wort, das dem Neuen Testament, wie dem Koran zugrunde liegt und den gemeinsamen Gott und seinen Willen offenbart.

 

(Der Koran ist dabei nur einer von vielen Zeugen für die schöpferische Vernunft/den Logos als historisches Christus-Wesen, wie ich sie seit vielen Jahren unter  www.theologie-der-vernunft.de – leider nur laienhaft – sammle, so versuche Glaube vernünftig zu  begründen.)

 

Sehr geehrter Herr Dr. Martin Bauschke,

 

-verehrte Autoren von „Welt und Umwelt der Bibel“, die in „Von Jesus zu Muhammad“ hervorragenden Einblick in die Gedanken der damaligen Glaubensauseinandersetzung geben,

-katholische Religionswissenschaftler, die in „concilium“ darlegen, warum „Von anderen Religionen lernen“ notwendig ist,

-Theologen, von denen ich bisher die Beurteilung meines Verständnisses vom christlichen Wesens erbeten habe,

-alle, die die Verfasser des Koran als Glaubensdenker ebenso ernst nehmen, wie sie in den Texten des Neuen Testamentes und seinem Umfeld nicht nur frommes Glaubensgeschwätz im Sinne heutiger Sonntagspredigen vermuten und die bereit sind, in neuer Weise nach den gemeinsamen Wurzeln des Monotheismus zu fragen, um so zu einem zeitgemäßen gemeinsamen Gottesbewusstsein zu kommen

 

als eine umfassende und ernstzunehmende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Christologie des Koran werden Ihre Werke von vielen Kritikern gewertet. Und so hat mir Ihr Buch „Jesus im Koran“ viele Anstöße zu Fragen gegeben, die ich an Sie weitergeben will.

 

Mir geht es Vordergründig nicht um die Verständigung zwischen den Weltreligionen, die Sie als Leiter des Berliner Büros für Weltethik und Mitarbeiter im Küngschen Kreis beschäftigt, sondern um ein neues christliches Selbstverständnis bzw. ein zeitgemäßes Verständnis vom Sohn Gottes, das dann zu einer neuen Sicht des gemeinsamen Wissens vom Werden der natürlichen Welt führt. Hierin sehe ich nicht nur eine notwendige Selbsterneuerung, sondern gleichzeitig die Voraussetzung für einen Dialog jenseits von verflachender Schönfärberei oder christlicher Selbstaufgabe. Denn um zu einem heute notwendigen gemeinsamen Weltethos zu kommen, genügt es m.E. nicht, sich nur auf einen gemeinsamen Gottesbegriff zu berufen oder nach weltweiten Werten zu verlangen. Vielmehr gehe ich davon aus, dass uns der Schöpfer heute befähigt, in aufgeklärter Weise im Wissen der Welt grenzüberschreitend sein offenbarendes Wort zu verstehen und daraus gemeinsame schöpferische Bestimmung und Wegweisung abzuleiten. Doch hierzu halte ich ein neues Verständnis des historischen und gleichzeitig hoheitlichen Jesus für notwendig.

 

Die Fragen, die ich versuche aufzuwerfen, gehen von einer Vorstellung des historischen christlichen Wesens aus, die sich von der heutigen theologischen Wissenschaft, wie auch der Sichtweise ihrer Untersuchungen völlig unterscheidet. Denn während heute alle Welt wie selbstverständlich denkt, bei Jesus hätte es sich um einen Propheten, Philosophen, Prediger…  mit Sonderbegabung gehandelt, der dann in eine Reihe mit Muhammad gestellt wird, gehe ich von einem in allem kosmischen Geschehen präexistenten Schöpfungswort aus, das in der Antike als konkretes Wesen verstanden wurde und auf dem mit Sicherheit auch der Koran gründet.

 

Wer wie ich den Koran als Zeuge für den schöpferischen Logos als Wesen des historischen christlichen Wesens aufrufen will, von dem muss man auf den ersten Blick denken, er wollte den Bock zum Gärtner machen. Mir ist bewusst, dass heute im Koran meist nur nach einem Menschen gesucht wird, wie ihn die moderne christliche Lehre als Jesus voraussetzt. Doch müssen wir dieses Banalbild von Jesus nicht gerade aufgrund des Koran einer Revision unterziehen? War ein einfacher Mensch mit Sonderbegabung wirklich das Vorbild für Muhammad bzw. die Verfasser des Koran? Oder müssen wir aufgrund der von Ihnen deutlich herausgearbeiteten Christologie des Koran nicht vielmehr davon ausgehen, dass es nicht einfach um einen menschlichen Gesandten ging, sondern der den einen Gott offenbarende schöpferische Geist als gesetzgebendes Gotteswort das maßgebende Wesen war, um das am Anfang diskutiert wurde? Zwischen Juden und Jesusanhängern, aber auch ebenso später mit dem Islam, der mit unter in dieser Diskussion erwachsen ist. Und wäre dies kein eindeutiger Hinweis darauf, dass das Schöpfungswort in menschlicher Gestalt das eigentliche Geschichtswesen der Kirche sein müsste, es bei Christus nicht um einen Kirchengott geht, sondern das auf den Schöpfer verweisende Wort, das heute mit aufgeklärtem Verstand im kosmischen Werden und der menschlichen Geschichte zu hören ist?

 

Wenn die Gründer des Islam eine Gleichsetzung des Christus mit Gott ablehnten, sahen sie dann nur durch einen zweiten Christus-Gott eine Gefährdung des Monotheismus? Wandten Sie sich nur gegen die Vergottung eines Menschen? Oder ging es Mohammed & Co. ebenso um die Gefahr, die von christlicher Gleichsetzung des an die Kirche ergangenen Schöpfungswortes mit Gott ausgeht? War das Problem bereits bewusst, dass so der Blick auf den Schöpfergott verbaut wird, der ursprünglich in Jesus Christus als dem von Maria/der Mutter Kirche ausgedrückten lebendigen Schöpfungswort?

 

Wer Tag und Nacht damit zubringt, seine theologischen Lehrer auf das Schöpfungswort in menschlicher Gestalt als historisches Christuswesen hinzuweisen, weil dessen Verstand im natürlichen Werden durch die heutige Vermenschlichung und Gleich“setzung“ mit Gott verhindert wird, der kann nachvollziehen, wovor die Verfasser des Koran warnten. Auch wenn ich die Notwendigkeit des christlichen Weges für den Entwicklungsweg der westlichen Welt erkenne, so sehe ich im heutigen Christologieverständnis die Ursache, dass sich jeder seinen weitgehend persönlichen Gott selbst setzt und so keiner mehr nach dem in allem kosmischen Geschehen lebendigen Wort hört. Glaube muss so als gestrig erscheinen. Auch wenn wieder nach Religiösität gerufen wird, so wird der Glaube außerhalb das Wissen der naturwissenschaftlichen Aufklärung gestellt. Die real wirk-same Weltvernunft, auf die m.E. nicht nur der Koran hinweist, sondern das Neue Testament gründet, wird als solches nicht mehr wahrgenommen, kann keine messianische Wirkung entfalten.

 

Ob bei der Entstehung des Monotheismus im Exil, bei den Problemen des Judentums mit hereinbrechendem römisch-griechischen Kult bzw. der davon ausgehenden christlichen Monotheismus-Reform, ebenso wie der Entstehung des Islam in einem zerstrittenen Christusglauben, immer fällt die damalige Frage auf, ob der vorhandene Glaube noch gemeinschaftsbildend ist, noch auf den geschichtswirksamen einen Schöpfer verweist und ob davon noch eine siegreiche Kraft ausgehen kann. Heute wäre in diesem Sinne zu fragen, ob unser Glaube noch eine reale Grundlage im Geschehen der Genesis hat, die Weltgemeinschaft kreativ in die Zukunft bewegt, die Menschen zur gemeinsamen nachhaltigen Leistung und schöpferischen Vernunft bringt? Auch wenn die Hochschullehrer längst analysieren, dass die Theologie taub oder herzkrank ist, Monotheismusbegründung im Exil des modernen Weltbildes lebt, wird diese Frage heute kaum gestellt. Glaube ist zur persönlichen Sache degradiert, von der kaum einer noch erwartet, dass sie Zukunft bringt. Als Voraussetzung für eine schöpferisch vernünftiges (weltökonomisches und ökologisches) Verhalten kann Glaube heute nicht gesehen werden. Vielmehr befürchten wir Angesichts des Glaube bzw. Aberglaube im Nahen Osten, wie in Amerika, ebenso wie aufgrund der Erfahrungen im alten Europa, dass der Glaube den Weltfriede und Fortschritt verhindert. Doch wenn wir dies wissen, warum fragen wir nicht wie damals, ob an unserem derzeitigen monotheistischen Glauben etwas nicht stimmt? Ob unser nur auf alte Gesetze und persönliche Vorstellungen gründendes Verständnis vom weitgehend vergotteten Wort (den dadurch die Welt nicht nur zwischen den Kulturen, sondern auch zwischen Wissen und Glaube trennenden Vorstellungen), grund-legend weiterzuentwickeln wäre? Und trägt wirklich die Aufklärung die Verantwortung, dass das Bewusstsein von schöpferischer Wirk-lichkeit verloren gegangen ist? Oder wäre nicht vielmehr unser Glaubensverständnis auf erweiterter Ebene weiterzuführen?

 

Ging es den Verfassern des Koran wirklich nur um einen Menschen mit Sonderbegabung, von dem die heuten Moslems denken, dass er auch nur ein Prophet sei wie Muhammad? Oder folgt dieses Denken dem heutigen christlichen Selbstverständnis, das im historischen Jesus nur einen Menschen mit besonderen Eingebungen sieht, der dann durch die Frühkirche zum Logos-Gott (gesetzter Gott einer neuen Lehre, statt Logos/sichtbare Vernunft des ewigen schöpferischen Lebens) erhoben wurde? Müssen wir nicht gerade aufgrund der totalen Ablehnung der Verherrlichung eines Menschen durch die Theologie des Muhammad davon ausgehen, dass bei der jungfräulichen Geburt weder die eines einfachen Gurus geschildert wird, der dann als Gesandter gesehen wurde, noch die eines christlichen Junggottes, als den wir heute den Heiland hinstellen?

 

Verkürzen wir nicht den neutestamentlichen Glauben und ebenso auch das Dogma der frühen Kirche, wenn wir einfach die Behauptung nachbeten, dass der christliche Jesus Mensch und Gott gleichzeitig sei, ohne dabei die göttliche und menschliche Seite des Schöpfungswortes zu begründen, das Thema der moslemischen Christologie ist? Laufen wir daher nicht Gefahr, den gesamten Glauben zu verkürzen, Christentum wie Islam, wenn wir nicht nach dem lebendigen Logos/der schöpferischen Vernunft fragen, der beiden Theologien zugrunde liegt und die sich laut Muhammad nach den auch von Ihnen aufgeführten Gründen im Islam auf orientalische Weise neu und eindeutig zum Ausdruck bringen musste?

 

Wenn wir die Christologie des Koran nicht mit der frühen Kirche auf einen Nenner bringen, denken müssen, dass es Muhammad nicht um den Logos ging und die Moslems den Gottessohn ablehnen, liegt dies dann möglicherweise an unserer Fehleinschätzung? Denn dass die auf hochintellektuelle Weise diskutierende frühe Kirche um das Wesen eines gutherzigen Wandergurus stritt, wie ihn die heutige historisch-kritische Theologie hinterlässt, kann ich sowenig nachvollziehen, wie ich dies in der von Ihnen dargestellte Christologie des Koran vermute. Warum liege ich falsch, wenn ich daher darauf schließe, dass es das schöpferische Wort ist, auf dem christliche, wie die spätere islamische Theologie gründet?

 

Wenn wir doch die Überlegungen, die zur Entstehung des Koran geführt haben, in neuer Weise ernst nehmen, wir nicht mehr von plötzlichen Geistesblitzen und geheimnisvollen Gehirngespinsten eines Einzelgängers ausgehen, sondern einen Denkprozess betrachten, der zum arabischen Monotheismus führte. Wenn wir wissen, wie sich dieser aus guten Gründen von den damals völlig zerstrittenen und den Arabern unvermittelbaren Lehren des jüdisch-christlichen Monotheismus abhob, gleichzeitig vorherrschenden Polytheismus und orientalisch-philosophische Strömungen sowie alte Mythen zu einem gemeinsamen Glauben überführen wollte, warum kann uns dann dieses Denken nicht in neuer Weise nach dem christlichen Wesen der Frühkirche fragen lassen?

 

Bevor wir die eigene Christologie preisgeben, wie es heute in der Theologie vielfach geschieht (ob man damit die Schuld gegenüber den Juden versucht abzutragen, die Spaltung bzw. den christlichen Anspruch gegenüber den Moslems aufheben will oder einfach der zeitgemäßen Vernunft meint gerecht werden zu müssen), gleichzeitig von Christus wie einem Gott schwärmt, sollten wir uns da nicht erneut vor Augen führen, um was es bei der Christologie oder gar der von Ihnen so deutlich dargelegten Mariologie des Koran in Wirklichkeit ging?

 

Gerade weil immer wieder betont wird, dass es im Koran weder um die Verherrlichung der Maria, noch ihres Sohnes geht, sondern einzig die Herrlichkeit Gottes durch Jesus zum Ausdruck gebracht wird, entspricht dessen christologisches Wesen doch genau der Rolle/Aufgabe, die Jesus laut christlicher Dogmenlehre hat. Wenn dann bei uns an Weihnachten immer wieder betont wird, dass in Jesus die Weltpräsenz des Schöpfergottes geboren wurde, sich der Schöpfer den Menschen präsent machte, warum soll das nicht genau dem Wesen entsprechen, das uns die Christologie des Koran aufzeigt? (Das weder ein als Christus gesetzter Junggott war, noch ein besonders charismatischer Wanderguru, der jetzt nur noch etwas besser wusste, wer Gott war und was er wollte, sondern das präexistente Wort, das in menschlicher Person messianische Wirkung entfaltete. Ein Geschenk Gottes, das ihn präsent machte, in dem er aber nicht auf- und untergeht.)

 

  1. Fragen nach der schöpferischen Realität

 

Erlauben Sie mir, dass ich einige Radnotzitzen beim Lesen Ihres Buches aufgreife, um Belege zu sammeln, die darauf hinweisen, dass es im Koran bei Jesus um das gleiche Wesen geht, das uns die Frühkirche schildert, jedoch weder ein Gesetzgott, noch ein Mensch, sondern Geist/Wort/Vernunft Gottes in menschlich vermittelnder Gestalt/Person/Aufgabe/Rolle war. Gleichzeitig Fragen nach einem schöpferischen Wesen stelle, das bereits für Abraham den Glauben an den einen Gott begründete und heute wieder in der Realität aller evolutionären Natur und Geschichte bzw. der gesamten kosmischen Kreativität wahrnehmbar wäre:

 

-Die Aussagen im Koran über Jesus sind primär intellektueller Natur, wenngleich sie stellenweise visionäre Züge haben. Jesus sei Gegenstand der vernünftigen Einsichten des Glaubens über ihn, wobei Vernunft und Glaube im Koran keinen Widerspruch bedeuten würden, schreiben Sie bereits im Vorwort.

 

Doch wenn wir Ostern nicht mehr nur als eine Halluzination von einem wiedererwachten Wunderheiler, sondern ein waches Wiederverständnis der Person (Aufgabe, Rolle) des Schöpferwortes begreifen, warum soll sich dann selbst die koranische Erzählung von der ersatzweisen Kreuzigung und dem weiterhin lebendigen Gotteswort von der Auffassung des Neuen Testamentes so gewaltig unterscheiden?

 

-Die Christologie des Koran sei begründet in der islamischen Lehre vom Koran als Wort Gottes. Für die große Mehrzahl der Muslime sei der Koran ewiges, direktes und unmittelbar gesprochenes Wort, das Muhammad lediglich übermittle.

 

Doch warum fragen wir nicht gemeinsam nach dem, was Muhammad als Wort hörte und nach seiner Sichtweise in Jesus lebendig war?

 

Wo liegt bei der heute vieldiskutierten Gesetzlichkeit des Islam der große Unterschied zu uns, die wir vom lebendigen Wort schwärmen, den Glauben aber heute letztlich auch nur noch auf alte Vor-schriften begründen, die bei uns allerdings zur persönlichen Ansichtssache geworden sind, wo sich jeder seinen eigenen Reim auf das Wort Gottes macht? Auch wenn wir die Bibel nicht selbst als Wort Gottes sehen, sondern als göttlich inspirierte Aussage, so hat m.E. bei uns mehr noch als im Islam der Vorrang verkürzender Buchstäblichkeit vor einer schöpferischen Realität dazu geführt, dass wir das Gotteswort im Prozess des Werdens nicht mehr wahrnehmen. Gerade in der christlichen Welt wird Schöpfung Gottes nur noch außerhalb der Naturlehre – meist gegen den Logos der Natur bzw. durch dessen außer Kraft Setzung - wahrgenommen.

 

Könnte nicht ein ernst nehmen des Koran, als einer vom unmittelbaren Verstand des schöpferischen Wortes ausgehenden Lehre (und somit einer im gleichen Wort begründeten Christologie) zu einem neuen gemeinsamen Verständnis des lebendigen Wesen führen, das am Anfang nicht einfach ein abgeschriebener Gott war? Warum kann das über alte Texte hinausgehende lebendige Wort, das beiden Religionen und ihren Gründern zugrunde liegt, nicht Thema zeitgemäßer Theologie sein?

 

Warum kann das Evangelium Jesus nicht als das an die hellenistisch-jüdische Welt gerichtete Gotteswort verstanden werden, das auch im Koran spricht? (Ohne das Neue Testament zu einem Ur-koran machen zu wollen, was aufgrund der Textanalysen auf literarischer Ebene oft versucht wird, so allerdings beide Seiten verkürzt.)

 

-Wenn wir uns vor Augen halten, wie sich zur Zeit Muhammads die Christologie der Kirche in erbitterter Diskussion herausentwickelte, es nirgends in Arabien oder Syrien eine allgemein anerkannte Christologie gab, sondern lediglich im Dauerstreit befindliche sektenartig-abstrakte Vorstellungen (bei denen teilweise die Gefahr blinder Vergottung bzw. Gleichsetzung Jesus mit dem Schöpfergott gesehen wurde, Sie daher eine direkte literarische Abhängigkeit vom Neuen Testament ablehnen), verlangt dies dann nicht nach dem gemeinsamen Schöpferwort zu fragen?

 

-Ist die Schlüsselerfahrung des Muhammad von Gott als dem Schöpfer und Erhalter der Welt nur ein zufälliger nächtlicher Traum? Oder ist heute – wo wir auch Abraham und Moses als Wesensgestalten betrachten, die für die denkerische Entstehung des Monotheismus stehen - ein theologischer Entwicklungsweg nachzuvollziehen, der über das Neue Testament auch zu Mohamed führte?

 

-Zeigt nicht auch die Aufnahme Jesus in die auf Abraham zurückgehende Ahnentafel – bei der Namen alles andere als Schall und Rauch sind - dass sich Muhammad als Fortsetzung des Gotteswortverstandes sah, er im Sohn der Maria weit mehr annahm, als wir heute in einem christologisierten historischen Wanderguru vermuten?

 

Dass der Messias von Mohammedanern als „der Wandernde“ gesehen wurde, will ich dabei keineswegs abstreiten. Vielmehr scheint mir das Wandern, geistiges Weiterziehen, wie es uns Alttestamentler heute auch in Abraham oder Moses deutlich machen, auf die Wahrnehmung des Gotteswortes in einem neuen fremden, jedoch fruchtbaren Land bzw. Weltbild zu verweisen, ohne dass die Abstammung verleugnet wurde. Und was sagen uns die Theologen des Koran, indem sie sich auf die andere Tochter Abrahams zurückführen?  

 

-Liegt es an einem Missverständnis, dass der Messias des Koran nichts mit der christologischen Zweinaturlehre zu tun hat?. Und zeigt nicht gerade auch der Koran, wie wichtig literarische Bilder sind, warum die "menschliche" Gestalt des Gotteswortes für die damalige Zeit vernünftig war, erst so eine messianische Wirkung hatte? Heute wissen wir, welche Bedeutung die zwei Naturen haben. Auch wie notwendig menschliche Bilder zur Vermittlung sind. Sie im Prozess des kollektiven Bewusstseins nicht wegzudenken wären. Gerade der Koran ist dafür ein lebendiges Beispiel.

 

Wenn wir doch auch wissen, wie umstritten die Gottessohnslehre in damaliger Zeit war, nicht nur zwischen Christen und Juden, sondern gerade innerhalb der Christen völlig unterschiedliche Vorstellungen vom Wesen Christus existierten, viele christliche Glaubensrichtungen die Gleichsetzung mit Gott als Aberglaube ablehnten, andere die völlige Vermenschlichung Jesus verachteten und die Einheit der menschlichen und göttlichen Seite betonten, müssen wird dann nicht darüber nachdenken, dass kein herkömmlicher Zweibeiner das christliche Geschichtswesen war? Kommen die Verfasser des Koran der urchristlichen Auffassung näher, als wir heute? Dass Mohamed in einer sich damals in Vielfalt verflüchtigenden abstrakten Lehre (des zunehmend mit Gott gleichgesetzten Sohnes) für die Orientalen keine messianische Wirkung sah, ist verständlich. Doch wenn wir Christus nicht mehr als nachträglich gesetzten Miniaturgott sehen, sondern wie Johannes sagt und wovon das Neue Testament ausgeht, als fleischgewordenes Schöpferwort/Weltvernunft, muss dann nicht auch über den Messiasbegriff moslemischer Christologie neu nachgedacht werden?

 

  1. Die Maria des Muhammad: Wer hat was zur Welt gebracht?

 

Wer wie ich vom schöpferischen Logos ausgeht, statt von einem anschließend von Menschen zum Logosgott erklärten Wanderguru, der hat dann auch bei der Maria des Mohamed keine junge Hebräerin vor Augen, wie sie nach den professoralen Kommentaren in weihnachtlichen Dokumentarfilmen ihrem Mann einen Bankert unterschob, um sich vor drohender Steinigung zu retten. Der ach so gute Josef hätte mitgespielt und das sei dann später zur unbefleckten Empfängnis geworden, kommentiert der Kurzschluss, setzt damit die gesamte Lehre der Lächerlichkeit aus, von er sie durch die Umgehung einer Geistzeugung doch nur befreien will.

 

Und ich denke, auch in den Verfassern des Koran Zeugen zu finden, dass heutiger Kurzschluss vom historischen Jesus unhaltbar ist. Denn wenn wir die Verfasser des Koran als Reformtheologen ihrer Zeit, die sich kritisch mit der Kirche und dem damaligen Denken auseinander setzten, auch nur halbwegs ernst nehmen, können wir unmöglich davon ausgehen, dass sie seichte Storys von der sonderbaren Zeugung eines jüdischen Propheten und seiner Geburt zusammengeklaut hätten oder nur das vor Augen hatten, was heute Thema angeblich historisch kritischer Forschung ist und von was letztlich alle Hochschultheologie ausgeht.

 

Die Aussagen über die Ankündigung der Geburt Jesus und die besondere Art der Empfängnis durch Maria, die wir im Koran finden, können sich unmöglich auf das Wesen beziehen, das wir vor Augen haben, wenn wir vom historischen Jesus oder einem Christusgott sprechen. Der Orient erzählt schöne Geschichten. Doch werden wir der orientalischen Erzählweise gerecht, wenn wir nur an eine junge Jüdin denken? Wie können wir ständig über Mutter Kirche reden und dass die Frühkirche in der Rolle der Mutter Maria dargestellt wurde, jedoch weiterhin bei der von Mohammed geschilderten Maria nur ein junges Mädchen sehen, in dessen Schoß der Heilige Geist eingedrungen sei oder der laut Koran der Engel Gabriel unter das Hemd gehaucht hat?

 

Doch solange wir einen Wanderprediger für das historische Wesen halten, können wir scheinbar nicht darüber nachdenken, dass Maria wirklich vom unmittelbaren Wort aus dem Mund des Schöpfers schwanger wurde, genau wie es uns der Koran sagt. Wieso es die Kirche war, die den Logos Gottes damals zum Ausdruck brachte und was die selbst im Koran beschriebene Voraussetzung war, um dem Wort Gottes wieder das Licht der Welt zu schenken, kann nicht gedacht werden, solange wir nicht ernst nehmen, was wir eigentlich selbst wissen: Die Verfasser halten Jesus für das Wort, den schöpferischen Geist Gottes, auf den alle menschlichen Gesetze gründen.

 

Auch die Rede vom Vorhang des Tempels und sonstige Aussagen über die Geburt Jesus bzw. deren Vorbereitung beschreiben mit Sicherheit theologische Geschichtstatsachen, die von den Verfassern des Koran so gesehen wurde. Jedoch weit mehr als Geschehnisse um Geburt oder Galgen eines Märtyrers, wie wir ihn heute als historisches Wesen betrachten. Auch die oft gebrauchte Hypothese, dass die jungfräuliche Geburt aus ägyptischen Vorbildern oder griechischen Mythen von Göttersöhnen übernommen wurde, um den eigenen Glaubensgründer als Gott darzustellen, schließt sich für den Koran aus. Doch wenn es sich bei logischer Betrachtung ausschließt, nur jeweils nach irgendwelchen alten Texten oder christlichen Apokryphen zu suchen, die die Jünger Allahs abgeschrieben hätten, um der unserem Glaubensgründer und seiner Mutter Gutes zu tun (Jesus damit durch die Hintertür einen göttlichen Anstrich zu geben), warum denken wir dann nicht über das nach, was auf der Hand liegt bzw. mit Sicherheit Thema der gesamten damaligen Theologie war?

 

Wer als lauter und rein durch Maria bzw. Mutter Kirche zur Welt kam und um wessen Wesen man sich Gedanken machte, kann bei ernsthafter Betrachtung nur die Präsenz des Schöpfungswortes gewesen sein, als dessen biologischer Erzeuger der Engel Gabriel (der Mund des Schöpfers) betrachtet wurde. Was - außer unserer Vorstellung von einem zum Christusgott hochstilisierten Heilsprediger - spricht dagegen, den Geist, die Vernunft Gottes, die auch Thema der Verfasser des Neuen Testamentes und der Theologie der Frühkirche war, als das Wesen zu sehen, das laut Koran von Maria bzw. Mutter Kirche zur Welt gebracht wurde?

 

All das, was über Maria, ihre unvoreingenommene Empfängnis bzw. die vorherige völlige Zurückziehung aus dem vorherrschenden Gottesbild der damaligen Zeit im Koran ausgesagt wird, kann sich nur auf das Wesen beziehen, das vor 2000 Jahren das Wort Gottes in menschlich-erfassbarer Gestalt zur Welt gebracht hat. Wer im Koran hoch angesehen und viel gepriesen wurde, war demnach keine junge Hebräerin, die laut irgendwelcher seichter Geschichten auf geisterhafte Weise einem später vergotteten Wanderguru das Leben schenkte, sondern die jüdische-christliche Kirche selbst.

 

Die hohen Töne, in denen der Koran Maria lobt, (sie ist die einzige Frau, die im Koran genannt wird) lassen darauf schließen, dass es nicht um die hebräische Mutter eines Mythologen ging, sondern zeigen die hohe Meinung, die man von der Urkirche als Gebärerin des Gotteswortes hatte. Wenn der Koran gleichzeitig immer wieder betont, dass Jesus der Gesandte bzw. das Wort gewesen sei, das an Maria erging, dann zeigt sich möglicherweise auch daran, dass man davon ausging, dass dieses Wort später auch an Mohammed gerichtet in orientalischer und nun eindeutigerer Weise zum Ausdruck gebracht werden musste. Wer sich in die Zeit zurückversetzt, in der sich die völlig verschiedenen abstrakten jüdisch-christlichen Auffassungen von einem Gotteswesen bis auf den Tod bekämpften, kann sich gut vorstellen, warum die Verfasser des Koran in Jesus zwar das von der Kirche zur Welt gebrachte Wort, den schöpferischen Geist Gottes sahen. Ihn auch als Messias der Juden und Christen bezeichneten, gleichzeitig aber eine eigene Version von Mittlerschaft zum Monotheismus nachschoben. Wir wissen doch, dass damals selbst christliche Theologen ernsthaft darüber nachdachten, ob mit den über das byzantinische Reich hereinbrechenden Sarazenen und ihrem arabischen Monotheismus nicht der eigentliche Messias komme. Doch Muhammad war kein neuer Messias, sondern muss von genau dem Schöpferwort ausgegangen sein, das er in christlicher Theologie als Sohn der Maria beschrieben sah.

 

So wenig der sich in Moses bzw. den Propheten ausdrückende jüdische Monotheismus vom Himmel gefallen ist, das biblische Schriftwort nicht Nachts im Schlaf vom Schöpfer diktiert wurde, kann es sich im Koran um die wundersame Eingebung eines Einzelgängers handeln. Nicht offenbarender Traum, sondern einer Theologie, die wie Juden und Christen vom schöpfungswirksamen Wort Gottes in allem Werden und aller menschlichen Geschichte ausgingen, verdankt sich der Koran nach dem was wir heute wissen als die Mitte des Glaubens der Moslems.

 

Während bei der heutigen Hypothese von einem historischen Guru mit Namen Jesus und einem gesetzten Christusgott im Koran nur nach Texten gesucht werden kann, die sich auf den angeblich göttlichen Glaubensgründer beziehen, ist vom göttlichen Logos in Menschengestalt ausgehend der Koran die Umsetzung des zur Monotheismusreform führenden Schöpfungswortes in der Ausdrucksweise Muhammads. Vielmehr sind selbst die Textstellen des Koran, die von Jesus berichten, eindeutige Zeugnisse dafür, dass am Anfang des Islam in Jesus weit mehr gesehen wurde, als der heute an theologischen Hochschulen gelehrte Wanderguru, den man später zum Christusgott machte.

 

Wir können doch nicht allen Ernstes annehmen, dass es sich bei den im Koran geschilderten Wehen von Maria und den Ankündigungsreden um Tonbandmitschnitte bzw. alte Aufzeichnungen handelt, nach denen die Geburt eines Gurus vom Stall in die Wüste, unter den freien Himmel verlegte wurde. Auch wenn sich in Apokryphen vormalige Textstücke finden, die ähnliche Geburtsvorgänge berichten, so muss doch der jeweils andere theologische Aspekt bedacht werden, der sich mit der Geburt des an Mutter Kirche gerichteten Gotteswortes ernsthaft auseinandersetzte. Doch dazu wären Fachkräfte gefordert, die vom schöpferischen Wort aus lesen.

 

  1. Vom Koran lernen, nach dem Logos allen Werdens zu fragen

 

Geht es im Koran um einen Wunderknaben, Heilswirkungen eines besonders begabten jungen Juden, wie heute die theologische Auslegung Wunder als tiefenpsychologische Wirkung oder als Symbol für die Göttlichkeit Jesus, der Vernunft kurzgeschlossen zurechtbiegen will? Oder wäre nicht gerade aufgrund der klaren Vorgabe des Koran auch all das, was an Heilswirkungen im Neuen Testament berichtet wird, auf die Wirkungsweise des lebendigen Schöpfungswortes, des präsenten schöpferischen Geistes zurückzuführen? Wobei in den Blinden und Lahmen, die durch den Glaube, die Wahrnehmung des Logos in Menschengestalt geheilt wurden, dann sicherlich nicht nur zufällige Gestalten am Wegrand eines Wanderpredigers zu sehen wären.  Warum fragen wir aber dann nicht im Sinne des Koran nach der Heilswirkung, die vom Schöpferwort ausgeht, das in menschlicher Form präsent wurde, sehen hier das Wesen Jesus? Warum halten wir den historischen Heiland weiterhin nur für einen Wunderdokor, der mit seinen Anhängern um den See Genezareth zog, später verherrlicht wurde?

 

Es würde zu weit führen, all das, was Sie in Ihrem Buch „Jesus im Koran“ untersucht haben aufführen zu wollen, um die Logik der Aussagen des Koran vom Schöpferwort ausgehend zu belegen. Ein Theologe mit dem Wissen um die Bedeutung der Begrifflichkeiten und die geschichtlichen sowie literarischen Zusammenhänge, der in Jesus nicht nur einen vergotteten Wanderguru, sondern das von Gott ausgehende und auf ihn verweisende Schöpfungswort vor Augen hat, den christlichen Logos nicht einfach mit Gott gleichsetzt, wäre dazu weit besser in der Lage. Was hält uns davon ab, die Aussagen des Koran und damit auch die neutestamentlichen Texte aus einer Perspektive zu beleuchten, auf die letztlich der Koran verweist?

 

Einen Menschen zum Gottessohn zu machen, schließt sich für Muhammad aus. Doch liegt in der Ablehnung des Gottessohnbegriffes nicht nur ein scheinbarer Widerspruch, der sich auf einen zum Gott gemachten Menschen bezieht? Wissen wir in Wirklichkeit nicht längst, dass der historische Jesus auch für die Verfasser des Neuen Testamentes weder ein Zweibeiner, noch ein wandelnder Gott, sondern Ausgangspunkt für Johannes, wie alle Verfasser des neuen Testamentes das wieder verstandene und Mensch gewordene Gotteswort war, das messianische Wirkung hatte? Und ist es daher nicht nur unser eigenes Festhalten an eingefleischten Vorstellungen, das den Messiasbegriff des Koran in den Gegensatz stellt? Warum muss das, was Sie über die Wunder des Koran deutlich machen, die allesamt nicht die Hoheit Jesus beweisen würden, sondern auf die Schöpfermacht Gottes verweisen, gegen das christliche Verständnis des Gottessohnes sprechen? Warum soll es nicht die eigentliche Aufgabe der historisch-hoheitlichen Gestalt des christlichen Gottessohnes sein, die bereits von den Vätern erkannten Schöpfermacht (in seinem Logos/der vernünftigen Schöpfungsweise des antiken Weltbildes) der Welt präsent zu machen. Von Blindheit und Taubheit zu befreien, um unmittelbar das Wort des Schöpfer-Vaters aller Welt zu verstehen?

 

Zeigen nicht selbst die Deutungen der Weisheiten des Koran auf die Problematik hin, der wir heute aufsitzen, die wir dem trügerischen Geglitzer anhängen, an das wir Menschen so gerne glauben und damit vor lauter Bilder die ewige Offenbarung verbauen? Lässt sich nicht gerade, in dem wir den Koran als eine Christologie des damals lebendigen Schöpfungswortes ernst nehmen, die alte Diskussion um das Wahre Wesen des Gottessohnes erst in zeitgemäßer Sprache weiterführen? Es geht sicher nicht darum, im Nachhinein festzustellen, ob Arianer, Nestorianer oder die Kirchväter des Konzils Recht haben. Der heutige gemeinsamen Verstand des Schöpfungswortes in allem natürlichen Werden – weit mehr als Schriftgelehrtenstreit - steht auf dem Spiel.

 

Wenn wir doch wissen, welche Probleme die Juden mit vergotteten Menschen, konkret den römischen Kaisern hatten, die oft gar als Messias gesehen wurden, es daher auch für jüdische Reformtheologen undenkbar gewesen wäre, einen Menschen zu Gott zu erheben, warum fällt es so schwer, sich der Denkweise des Koran anzuschließen, so einer neuen Sicht der Welt den Weg zu bahnen? Denn um über die heute für selbstverständlich vorausgesetzte Software allen Seins/Vernunft allen Werdens/einen natürlichen schöpferischen Logos als offenbarenden Gottessohn nachzudenken (der nicht einfach pantheistisch mit Gott gleichzusetzen, sondern tat-sächliches schöpferisches Wort, unmittelbarer Mittler des einen Gottes ist), müssen wir nach dem Wesen Jesus fragen, das aus dem Koran spricht. Dem Schöpfer, dessen Logos/Vernunft seit dem Urknall deutlich in Mikro- und Makrokosmos zu erkennen ist, zu unterstellen, er hätte sich einen jungen Juden als Sohn gezeugt, kann ich heute so wenig mehr annehmen, wie damals die Verfasser des Koran. Doch war das wirklich die Meinung der Zeugnisgeber des Neuen Testamentes und der uns teilweise erst heute vorliegenden Apokryphen sowie Gegenstand der Kirchendiskussion, in die der Koran eingriff?

 

„Gott hat, was in den Himmeln und was auf Erde ist“ lese ich bei Ihnen in Sure 4.171, im Hinblick auf die islamische Ablehnung der christlichen Engführung des Messias als Mensch der Gottessohn wurde. Doch wer wie ich davon ausgeht, dass hinter dem urchristlichen und geschichtlichen Gottessohn kein hochgejubelter Wanderprediger mit zufälligem Namen Jesus, sondern die schöpferische Vernunft steht, die heute in den astronomischen Modellbeschreibungen des Kosmos, in unvorstellbaren Weiten des Weltalls, ebenso wie in der Mikrobiologie lebendig ist, für den gibt es keinen Gegensatz. In allem, was in den Himmeln und auf Erde ist, kann heute die schöpferische Logik nachvollzogen werden.

 

Um sich auszumalen, welches Gottes- und Weltbild sich aus dem Jesus des Koran gibt, sollte man sich vorstellen, welche Auswirkungen es gehabt hätte, Galilei, Darwin & Co. bzw. die Philosophen der Aufklärung, wären in ein Christusverständnis geboren, das nicht in naturbrechenden Wunderlichkeiten, sondern in der kausalen Logik allen Werdens, dem kreativen/schöpferischen Geist der Welt, nach dem christlichen Offenbarungswesen gefragt hätte.

 

„Oh ihr Leute des Buches, übertreibt nicht in euerer Religion und sagt über Gott nur die Wahrheit….gepriesen sei Er und erhaben darüber, dass er ein Kind habe“ ist in der oben genannten Sure zu lesen. Und wenn das Kind zu dem gemacht wird, was in heutiger historischer Forschung kurzgeschlossen übrig bleibt und nur noch dogmatisch in den Raum gestellt wird, einer nachvollziehbaren Realität bzw. eines Logos ledig, scheint der Koran Recht zu haben: „Ungläubig sind diejenigen, die sagen: Gott sei der Messias, der Sohn der Maria, wo doch der Messias gesagt hat: O ihr Kinder Israels, dienet Gott, meinem Herrn und eurem Herren. Wer Gott (andere) beigestellt, dem verwehrt der Gott das Paradies.“

 

Weder kann ein Mensch zu Gott gemacht werden, noch ist das Wort/die Vernunft mit dem Sprecher, die Software/das vernünftige Werk mit seinem Konstrukteur, gleichzusetzen. Auch wenn beide direkt auf den Urheber verweisen, seines Wesens sind, so sind sie nicht Gott selbst, sondern verweisen auf ihn. Genau dies scheint Mohamed in der Diskussion zwischen christlichen Monophysiten, Arianern und den mehrheitlichen Konzilsmeinungen erkannt zu haben. Wenn er den „Gottessohnsbegriff“ für den Messias ablehnt, statt dessen immer wieder vom Sohn Marias spricht, dann ist ihm das nicht zu verdenken.

 

Ich bleibe beim „Sohn“, denn Gott ist der Erzeuger/Vater des Logos, der Sprecher des Wortes/Weltgeistes, aus dem alle Materie bzw. sichtbaren Dinge geworden sind, ohne mich im Gegensatz zum Geist des Koran zu sehen. Denn auf die Frage Gottes, ob er es war, der zu den Menschen sagte, dass sie ihn und seine Mutter vergöttern sollten, antworten Jesus im Koran, dass er dazu kein Recht hätte, der Preis allein Gott gehöre. Die Ablehnung des Gottessohn-Begriffes durch den Koran ist auf das zu beziehen, was Christen daraus machen, indem sie das Wort/den Geist mit Gott gleichsetzen oder gar meinen, einen besonders chrarismatischen Mystiker oder gutherzigen Menschen zum Gott oder Gottessohn erklären zu müssen. Der Verzicht auf die Gleichsetzung der Vernunft/des Logos mit Gott selbst, bedeutet jedoch weder eine Abkehr von der Konzilsmeinung, noch wird diese als falsch verurteilt. Vielmehr scheinen wir uns im Laufe der Jahrhunderte der Bedeutungsinhalte entledigt zu haben. Stehen nach der aufklärungsbedingten Abspaltung von der Naturlehre sowie historisch-kritischen Theologie mit leeren Händen da, die nur noch persönliche Gottesbilder mit der Aufschrift "Jesus Christus lebt" hochhalten: Zeit der Apokalypse als Neuanfang. 

 

Not-wendig scheint das Verständnis, um was es im christlichen Glaubensbekenntnis und der Trinität als Formel zur Findung des einen Gottes eigentlich geht. Maria bzw. Mutter Kirche hat in dem hier vertretenen Sinne keinen Junggott bzw. Gegenstand menschlicher Verehrung geboren, sondern den Schöpfer zur Welt gebracht. Indem sie dessen Logos in Menschengestalt bzw. Buchform den Menschen begreifbar gemacht hat, wurde ein für die verschiedenen Glaubensvorstellungen der antiken Welt ein-deutiger Wegweiser zu dem einen Schöpfer gegeben. Erst davon ging eine messianische Wirkung aus, die in der reinen Logostheologie der Stoa sowenig gegeben war, wie in jüdischen Weisheitslehren oder der Theologie des Philo von Alexandrien, der den Gottessohn bereits konkret beschreibt, ohne ihm allerdings eine menschliche Gestalt zu geben. Wenn wir vom schöpferischen Logos, einer Vernunft/Wort allen natürlichen Werdens als christliches Wesen ausgehen, ist der Christengott kein Kirchenkonstrukt, wie viele Denker der Aufklärung annehmen mussten und in Gott nur ein Mittel zur menschlichen Moralisation oder Opium für Volk verstanden. Und genau das können wir aus dem Koran, der sich strikt gegen eine Gleichsetzung des Wortes mit Gott wendet, so vor dem gewarnt hat, was wir heute beklagen, wieder lernen.

 

  1. Bezeugt der Koran den auferstandenen oder ewigen Jesus?

 

Wer wie die heutige Theologielehre einen jungen Glaubensmärtyrer für das Wesen hält, auf den die Christenheit gründet, der muss annahmen, dass die Moslems die Auferstehung ablehnen. Doch könnte es nicht sein, dass die Verfasser des Koran vielmehr davon ausgehen, dass Jesus lebt, das Wort, der Geist Gottes untötbar ist, allenfalls versehentlich von Christen für Tod gehalten wird? (In christlicher Theologielehre der Logos tot ist.)

 

Sterben kann nur ein Hexenmeister, als den wir den Heiland in der heutigen Sichtweise herabwürdigen. Da hat der von Ihnen zitierte moslemische Gelehrte Recht. Der Logos dagegen lebt, auch wenn die Lehrer des Gesetzes angefeindet werden, sie hätten die Vernunft Gottes, den schöpferischen Geist umgebracht. Vielmehr befreit der Koran die Juden bzw. Gesetzeslehrer vom Vorwurf, sagt, sie hätten es versucht, aber durch ein Versehen den falschen getötet. Wer sich auf das Gotteswort beruft, das an ihn wieder ergangen ist, wie Muhammad, der muss eine andere ungewohnte Art von Auferstehung vertreten, wie die Kirche. Muhammad beruft sich auf das ewige Wort, also kann es aus seiner Perspektive nicht tot sein. Wie die christlichen Theologen, die mir auf jedem Studientag beibringen, dass die gesamten Texte rund um das Neue Testamentes nur vom Auferstandenen aus zu lesen wären, gehen die Verfasser des Koran vom lebendigen Wort aus. Doch ist es nicht besser davon auszugehen, dass das Wort Gott ewig lebt, als das zu denken, was in christlicher Lehre aus der Auferstehung Jesus geworden ist?

 

Dabei denke ich nicht nur an die Leugnung der Auferstehung durch Prof. Lüdemann, der damit den modern denkenden Christen aus dem Herzen spricht. Vielmehr scheint mir das gesamte Gerede von Auferstehung im Grund heute nur ein Lippenbekenntnis, das man dann in Gemeindebildung, in Geistwesen oder auf sonstige geisterhafte Weise versucht der kurzgeschlossenen eigenen Vernunft zuzuführen. Theoriengebilde, die kaum ein gebildeter Zeitgenosse wirklich ernst nimmt. Der Koran dagegen sagt klar, dass der schöpferischen Weisheit nicht durch Menschenhand das Licht auszublasen ist. Auch wenn es so scheint. Und wenn der Koran darüber nachdenkt, dass der gestorbene Ersatzmann Judas ist, dann kann auch dies theologisch nachvollzogen werden. Die Buchstäblichkeit hat sich selbst erledigt, der Gesetzesglaube – ob bei Juden, Christen oder im Islam -  handelt nur noch von einem toten Gott: doch Jesus, der Geist, das schöpferische Wort Gottes lebt weiter.

 

Zur Verdeutlichung:

Wenn heute an Buchstaben bzw. einer Gesetzlichkeit klebende, einst historisch-kritische Theologieprofessoren (die es besser wissen müssten, mir beibringen, dass es bei Johannes um die Weltvernunft der Stoa ging…) in ihrem Lebenswerk über „Jesus“ nur noch persönliche Sonntagspredigen halten und von einem großen Geheimnis schwärmen, dessen Historizität und Hoheitlichkeit sie gleichsetzen wollen, jedoch ins Hinterzimmer einer unverständlichen Sprache sperren, dabei  in der FAZ im Hinblick auf den blutüberlaufenen Passionsfilm Mel Gibsons dem Römer Pilatus die Schuld für die Hinrichtung eines Heilspredigers in die Schuhe schieben wollen, der heutigen Welt somit vermitteln, es wäre um den blutigen Tod eines jungen Juden gegangen, dann scheint sich erneut zu bewahrheiten, was der Koran berichtet:  Judas ist an Stelle Jesus gestorben. Denn Jesus bzw. das Schöpfungswort lebt weiter, auch wenn es von der Buchstäblichkeit nicht wahrgenommen bzw. für Tod gehalten wird. (Mehr hierzu unter www.theologie-der-vernunft.de:“ Mörder Jesus“ oder „War es wirklich Pilatus“ unter Texte, 2004 bzw. Briefe an Prof. Berger.)

 

Wie sagt der Koran doch, was Judas vor seiner Kreuzigung ruft:

 

„Gott, warum hast du mich verlassen, den Übeltäter entkommen lassen und ich zu Unrecht sterbe? …dass Judas in Stimme, Gesicht und Gestalt Jesus so gleich war, dass seine Jünger und Anhänger ganz und gar glaubten, er sei Jesus“.

 

Immer nur nach irgendwelchen außerkanonischen Texten und Mythen zu suchen, die Judas als den Gekreuzigten beschreiben und dann von Muhammad & Co. abgeschrieben worden sein sollen, entspricht in diesem Sinne einer Theologie, die von einem Toten Jesus ausgeht, das lebendige Wort nicht wahrnehmen will. Letztlich sind selbst die von Ihnen aufgeführten Texte über das Kreuzigungsgeschehen, in denen umfassender noch als im Neuen Testament das Geschehen beschrieben ist, unumstößliche Zeugen dafür, dass hier ein theologischer Aspekt beschrieben wird. Während die Juden denken, ein Aufrührer sei hingerichtet worden, streiten heute wie damals die Christen über das Wesen Jesus, streiten dann gar die Auferstehung ab oder halten die Erinnerung an das ach so gutherziges Vorbild oder einen selbstgestrickten Gott (zu dem sie in einer "Evangelisation" genannten Papierpredigt wiedererweckt wurden) als persönliche Auferstehung. Doch der in aller Welt präsente kreative Geist, der auf den einen Schöpfer wirk-lichen verweist, lebt weiter, auch wenn man ihn nicht wahrnimmt. Die Ruach, die Ezechiel ansprach, auf die der Propheten des Exil seine Hoffnung setzte, weht im gesamten Kosmos. Wenn wir den Jesus des Koran ernst nehmen, kann das schöpferische Wort, das zu den Propheten am Anfang jüdischen Monotheismus sprach, auch dem modernen menschlichen Geist wieder bewusst werden.

 

Wer im Streit um die Auferstehung Jesus nur den Sargnagel einer kurzgeschlossenen Theologiebuchstäblichkeit von einem charismatischen Religionsrebellen sieht, der kann nachvollziehen, was möglicherweise auch damals gedacht wurde: Durch Gottes Fügung sei nur Jesus äußere, rein menschliche Hülle gekreuzigt und getötet worden, doch sein göttliches Wesen sei unantastbar geblieben, weiß der Koran zu berichten. (Und nochmals: im "göttlichen Wesen" wurde kein geheimnisvoller Christusgott gesehen, wie er heute verherrlicht wird.)

 

Sure 4.157 sagt zum frühkirchlichen Streit um das Wesen Jesus:

 

„Diejenigen, die über ihn uneins sind, sind im Zweifel über ihn. Sie haben kein Wissen über ihn, außer dass sie Vermutungen folgen. Und sie haben ihn nicht mit Gewissheit getötet.“

 

Auch wenn ich nicht alle Aussagen des Koran über Jesus deuten kann, so dürfte doch feststehen, dass sich die Verfasser etwas gedacht haben. Und vor allem, dass es nicht um den Tod eines Religionsrebellen ging, sondern das Schöpfungswort der Gegenstand der Geschichte ist. Für Muhammad, der sich quasi in der Rolle der arabischen Maria sieht, das Wort Gottes auf orientalische Weise ausdrückt, lebt Jesus weiter. Die schöpferische Macht lässt sich zwar leugnen, aber das ewige Wort ist nicht zu zerstören und besiegen, sagt der Koran. Und so haben es mit Sicherheit nicht nur die von Ihnen aufgeführten Basilidianer gesehen, die von einem zweiten Logos ausgehen, sondern die gesamten Jünger des menschgewordenen Gotteswortes, das ihnen nach seiner Kreuzigung durch die Knechte des Gesetzes und römische Obrigkeit in menschlicher Gestalt wieder erschien: Auferstanden ist.

 

Wenn wir heute feststellen, dass im aufgeklärt-logisch denkenden Westen, weit mehr wie im orientalischen Islam, der Bruch zwischen dem Logos der tat-sächlichen Natur und dem der Textlehre abhanden gekommen ist, damit gerade im Westen die "schöpferische" Vernunft zu Grabe getragen wurde, dann zeigt sich möglicherweise erneut, warum die Darstellung des Neuen Testamentes doch stimmt. Wurde hier eine theologische Tatsache, ein ewiges Strickmuster der Entwicklung beschrieben, die sich in ähnlicher Weise wiederholt? Folgt selbst der Verrat der in Jesus lebendigen Vernunft durch die Gesetzlichkeit heute einer Notwendigkeit? Um wieder verstanden zu werden, ist scheinbar auch heute die Verleugnung des lebendigen Schöpfungswortes durch Petrus die Voraussetzung, folgt der auch Wiederverstand der menschlichen Gestalt Jesus erst ihrem theologischen Tod.

 

  1. Warum Muhammad den jüdisch-christlichen Messias beschrieben hat

 

Der schöpferische Geist, wie er bei Einstein bzw. im Sinne heutiger Naturphilosophie noch ein rein philosophisches Konstrukt ist, das weder mit dem menschlichen Messias, noch dem persönlich anzusprechenden Gott unserer Väter in Verbindung gebracht werden kann, hatte für die Verfasser des Koran eine menschliche Gestalt. Und da sich heute nachvollziehen lässt, wie notwendig auch unser moderner Kopf dieses menschliche Bild braucht und nur dadurch der Bezug zum Gott der Väter hergestellt werden kann, halte ich den Jesus des Koran durchaus für den wahren Messias. Der Messias ist in diesem Sinne kein Titel, sondern beschreibt eine geschichtliche Tatsache: Und nur vom Wort in menschlicher Gestalt, wie es Neues Testament und Koran umsetzen, kann die vereinende und offenbarende Wirkung ausgehen, die wir mit dem Messias verbinden und die von den Juden erwartet wurde.

 

Wenn Sie nachweisen, dass die Christologie des Koran auf einer gnostisch-neuplatonisch gefärbten Zweinaturenlehre Jesus als des „Messias-Geistes“ basiert, die sich kaum von christlich-gnostischen Auffassungen unterscheidet, dann bringen sie auch hier zum Ausdruck, dass Muhammad auf den christlichen Messias setzt. Es ist der Gleiche Jesus, den die später als gnostisch aussortierten Darlegungen über das Wesen Jesus als den wahren Sohn Gottes und Messias schildern. Gerade in den gnostischen Texten und Logien, die den Texten des Neuen Testamentes vorausgehen, ist das Schöpfungswort noch weit lebendiger, als in der heutigen Lehre. Heute lässt sich zwar nachvollziehen, dass diese Texte zu Recht aussortiert wurden, in ihnen die Gefahr der Verflüchtigung und Vervielfältigung gegeben war, sie teilweise auch mit alten Gottesvorstellungen unvereinbar waren und somit nicht zur Re-form des jüdischen Monotheismus taugten. Doch wir wissen auch, dass das, was wir als Gnosis bezeichnen, selbst von denen, die sie ablehnten, als der eigentlicher Ursprung christlicher Lehre gesehen wurde. Hat sich also Muhammad mit seinem Messias weniger vom Ursprung entfernt, als vom heutigen Banalbild der Hochschulhypothese, die nur einem anschließend zum Logosgott erklärten historischen Wanderguru hinterherhinkt und die hoheitliche Wort Gottes Theologie des Johannes für eine gnostische Einfärbung hält, auch alle weiteren hoheitlichen Aussagen als kirchliche Gottesrede abtut? (Ohne darin das schöpferische Wort die Rede Gottes zu verstehen.)

 

Während ich bei Texten, die mir junge Neutestamentler als „Christologie des Philo von Alexandrien“ vorlegen Zweifel habe, ob man dort bereits von einer Christologie sprechen sollte, handelt es sich bei den Ausführungen des Muhammad möglicherweise um eine echte „Christo“logie: Eine Lehre bei der der Logos, das Wort eine menschliche Gestalt hat. Denn erst davon ist nach allem was wir an Geschichtserfahrung besitzen und von der menschlichen Psyche wissen, eine messianische Wirkung zu erwarten. Auch wenn ich Philo als jüdischen Apologeten der Zeit Jesus für einen unumstößlichen Beleg des zur Zeitenwende als Gottessohn lebendigen Wortes/Logos und somit für einen Zeugen Jesus halte, so bleibt seine Lehre abstrakt. Bei ihm fehlt noch der Bezug zu einem lebendigen, präsenten menschlichen Wesen, als das uns später Muhammad die im Judentum viel beschriebene schöpferische Weisheit, das wegweisende Wort als Sohn der Maria vorstellt.

 

Weder ein Mensch, noch ein gesetzter Buchstabengott ist unsterblich. Dies scheint den Verfassern des Koran bewusst. Nicht zuletzt die Himmelfahrt Jesus, die dort ausführlich beschrieben ist, bringt dies zum Ausdruck. Sie ist mit Sicherheit nicht nur das Produkt eines literarischen Abpausens. Auch wenn sich in jüdischer Weisheitsliteratur logischerweise Parallelen finden, dann schließen wir, wie Sie selbst immer wieder belegen, zu kurz, wenn wir davon ausgehen, dass nur kursierende Mythen, (deren textliche Verfassung nachweislich nicht vorlag) zusammengeschustert wurden. Vielmehr gingen damalige Denker von einer Weisheit/einem schöpferischen Wort aus, das als konkretes Wesen angesprochen wurde. So wird in der jüdischen Weisheitsliteratur, insbesondere bei Jesus Sirach, das ausführlich bezeugt, was für die Moslems der kosmisch-schöpferische Geist war. Wenn Jesus schlafend zu Gott erhöht wird, ohne gestorben zu sein, dann scheint der Koran auch in der Himmelfahrt eine geistesgeschichtliche Tatsache zu beschreiben, die seine Verfasser aus ihrer Perspektive so gesehen haben. Die sich jedoch nicht auf das bezieht, was wir im Missverstand des Beschlusses der konstantinischen Staatskirche als Wesen Jesus betrachten. Denn dass die Verfasser des Koran weder einen jungen Juden in den Himmel befördern, noch ihm so eine Göttlichkeit verleihen wollten, muss nicht erneut ausgeführt werden. Und da sich Muhammad als Fortsetzung des des Wortes sah, das von den alten Propheten verkündet wurde und an Maria erging, ist seine Sichtweise der Himmelfahrt Jesus verständlich.

 

Angesichts dessen, was wir heute von der Zeit der Entstehung des Koran wissen, musste Muhammad (von dem ich ähnlich wie bei Moses weiterhin annehme, dass er der Verfasser war, gleichwohl wir wissen, dass verschiedene Theologen zum Koran beigetragen haben) davon ausgehen, dass Gott seinen irdischen Diener und Gesandten zu sich berufen hatte. Da er nicht mehr als lebendiges Wesen unter den Christen weilte, als unmittelbares Gotteswort nicht mehr wahrgenommen wurde, sondern in Muhammads Augen nur noch buchstäbliche Vermutungen zu erbittertem Streit führten, liegt möglicherweise die Deutung für die Himmelfahrt des Mariensohnes auf der Hand.

 

Es mag sein, dass Muhammad angesichts der damaligen Vergottung die Bedeutung der Dreieinigkeit verkannte, nicht verstand dass die Trinität keine Vergottung Jesus bedeute, sondern eine theologische Formel war, die zum Monotheismus führt. Doch es war scheinbar der gleiche Weg, den er auch gefunden hatte: Eine Formel, die auch er in ähnlicher Weise praktizierte, die auf das Wort und den Geist Gottes in menschlicher Gestalt setzte, um die Menschen zum Monotheismus zu führen.

 

Wenn Muhammad Jesus als Zeigefinger Gottes sah, wie Sie Ihre Zusammenfassung nochmals überschreiben, dann scheinen die Verfasser des Koren den Messias, der nicht mit Gott selbst zu verwechseln ist, sondern auf diesen verweist, auf den Kopf getroffen zu haben. Die Verbindungen zu den Logienquellen, auf die heute die Evangelien zurückgeführt werden, sind daher sicherlich nicht nur literarischer Art bzw. als Abschreibehilfe zu sehen. Die Quelle der monotheistischen Erkenntnis, der wahre Zeigefinder, liegt im Fluss allen Lebens, der von den Griechen Logos und den Juden Wort Gottes genannt wurde und der nachweislich im gesamten orientalischen Denken präsent war.

 

Diese kontinuierliche Botschaft, die von Anbeginn der Schöpfung gültig ist und von allen Gesandten bzw. Propheten im Laufe der Geschichte wiederholt worden ist, muss kulturgerecht in der Sprache der Zeit ausgedrückt werden. Auch das können wir von den Verfassern des Koran lernen, die immer wieder betonten, warum von Ihnen das Wort auf arabisch-orientalische Weise zu vermitteln war.

 

  1. Die ewige Frage Jesus richtet sich an das theologische Wissen von heute

 

Würde es daher nicht dem Geist von Abraham, Moses und Muhammad entsprechen, das in Jesus lebendige gewordene Wort auf zeitgemäße Weise zu hinterfragen, im Wort/Logos des heutigen Weltbild die Allmacht und Güte des Gottes der Väter hören zu wollen?

 

Wenn Jesus im Koran ein Zeichen für die Allmacht Gottes im gesamten kosmischen Geschehen war, wäre es nicht christlich, das offenbarende Schöpferwort neu zur Sprache zu bringen? Den schöpferischen Geist im gesamten kosmischen Geschehen heutigen Weltbildes auf Grundlage der alten Texten verstehen, ohne den ewigen Sprecher selbst sehen zu wollen? Doch dazu scheint es notwendig aus dem Koran zu lernen, nicht das Christusdogma zu bezweifeln, sondern nur was daraus geworden ist.

 

Ich bin sicher, nicht nur die scheinbaren Schriftgelehrten-Gegensätze, die nach wie vor trennen, könnten dadurch aufgehoben werden. Die von Ihnen beschriebene Brücke besteht danach nicht darin, dass wir die Göttlichkeit Jesus aufgeben oder die christlichen Bedeutungsaussagen. Wenn wir die Kritik des Koran an der Gleichsetzung, wie der puren Vermenschlichung Jesus ernster nehmen, als die Banalität, wie sie uns die historisch-kritische Kurzschließerei hinterlässt, die gleichzeitig von einem geheimnisvollen persönlichen Christus schwärmt, warum sollten wird dann nicht zu zeitgemäßen Hörern des gemeinsamen Schöpferwortes werden können?  

 

„Für wen haltet ihr mich?“

 

Muss diese Frage nicht auch für den notwendigen Dialog zwischen den im Weltkrieg befindlichen Kulturen in völlig neuer Weise wieder aufgeworfen werden? Warum lassen wir nicht zu, dass uns Mohamed hilft, das an Maria ergangene Wort wieder zu hören, mit Missverständnissen – die m.E. nicht die frühe Kirche betreffen, sondern was wir heute kurzschließend daraus ableiten - aufzuräumen?

 

Mehr als ein aufgepropfter Friede, der sich gegenseitig reduziert oder die Verschiedenheiten unter den Tisch kehrend verneint, scheint mir die Hinterfragung des eigenen christlichen Verständnisses notwendig. „Nur mit einer auf dem Boden des ersten Gebotes stehenden theozentrischen Christologie, nicht mit einer christozentrischen Theologie, lässt sich der Dialog führen“ darf ich Sie zitieren. Warum soll so nicht hinter den Bildern und Propheten das präexistente Schöpferwort im Wechselspiel der Geschichte zu hinterfragen sein? Was, außer unserer festgefahren Vorstellung spricht dagegen, hinter den menschlichen Boten die ewige Botschaft des Schöpferwortes wahrzunehmen, hinter den Gesandten den schöpferischen Geist zeitgemäß zur Sprache zu bringen? Warum können wir nicht auch mit Hilfe des Koran hinter den menschlichen Boten die ewige und somit die frohe Botschaft verstehen, die wir Neues Testament nennen? (Jedoch nur noch als Gesetzt lesen.) Wenn Gott der Creator ist, wovon ich aufgrund des aller natürlichen kosmischen Kreativität bzw. des bereits an unsere Väter ergangen Wortes ausgehe, dann will er, dass wir auch unser Bewusstsein von ihm kreativ weiterentwickeln. Der Schöpfer hat uns mit Sicherheit nicht aus Jux und Tollerei verschiedene theologische Zeugnisse, das Neue Testament und den Koran gegeben. Was spricht dagegen, gegenseitig zu lernen, auch so seinem Willen gerecht zu werden.

 

Was bringt uns weiter, einfach einen Christusgott zu setzen, an den die Theologie heute selbst nicht mehr wirklich glaubt? Einen Wanderprediger zu suchen, den kaum einer noch als maßgebend ernst nimmt. Diesen dann aufgrund vor-gesetzter Buchstaben zu vergöttern, nur noch rein gefühlsmäßig einen persönlichen Christusgott hochzuhalten oder in die Texte hineinzulesen? Oder nach dem unmittelbaren schöpferischen Wort zu fragen, das im Ein-verstand mit der antiken Gotteserfahrung neu in der kreativen Fruchtbarkeit des Kosmos wahrnehmbar ist?

 

Werden wir dem heutigen Wissen gerecht, wenn wir weiterhin, nur einen Wanderguru in die Reihe mit Adam, Abraham, Moses, David, Buddha, Zarathustra, Mani und Muhammad stellen, statt nach dem Schöpferwort zu fragen, das im Osten wie im Westen die Welt bewegte? Oder wäre es nicht gerade die Aufgabe einer christlichen Theologie, das an Maria ergangene Wort als gemeinsamen Grund eines Monotheismus zum Thema zu machen, der dem Wissen gerecht wird, das uns der Schöpfer heute über die Logik/Vernunft allen Werdens gegeben hat?

 

Der Islam hat nicht nur abrahamitische Ahnen. Er hat im gleichen Geist seine Wurzeln, wie das Christentum. Die Abspaltung erfolgte nicht zuletzt durch die Betonung der Gottheit Jesus, die eine Verwischung des Monotheismus bedeute. Denn statt vom Wort auf den Sprecher zu schließen, in der Dreieinigkeit eine Formel zu finden, die zum Monotheismus führt, wo der Sohn auf den Vater verweist, wurde dieser selbst zum Gott gesetzt: Ein menschliches Gottes- bzw. Götzenbild, das den Blick auf den Schöpfer nicht begründet, sondern verbaut. Diese Missverständnisse des Wesen Jesus trennen nach wie vor nicht nur die Glaubensgeschwister, sondern führen auf den verschiedenen Seiten zum Missverstand der eigenen Tradition. Sie verhindern so die zeitgemäße gemeinsame Wahrnehmung des schöpferischen Wortes, dessen naturwissenschaftliche Definition an den Schulen rund um den Erdball längst einheitlich ist.

 

Durch eine Leseweise, die die schöpferische Weisheit/Wort allen natürlichen Werdens, den Logos des Kosmos im Kanon, wie im Koran wahrnimmt und einen geschichtlichen Entwicklungsweg nachvollzieht, der durchaus die Notwendigkeit der orientalischen Schriftform nachweist, wird der Koran nicht weniger, sondern lässt er sich erst als echten Ausdruck des Schöpferwortes verstehen. Aufgrund des bei Ihnen gelernten Wissens über den Jesus des Koran bin ich sicher. Wir brauchen auch die christologische Metaphysik nicht zu verleugnen, sondern müssen Muhammad als Zeuge des christlichen Messias ernst nehmen.

 

Mediengerecht wird Millionen Fernsehzuschauern derzeit vom Kirchtag aus vermittelt, auf was die Christenheit angeblich gründet. Wenn der Sprecher dann sagt, dass anschließend gemeinsam „das Wort Gottes“ gelesen wird, ist es dann aber das lebendige, unmittelbare Schöpferwort, auf das sich die Urchristen beriefen und das die Verfasser des Koran in aller Schöpfung gesprochen sahen? Oder muss alle Welt dann denken, dass auch die Christen nur ihre Buchstaben – über die die Meisten nur noch milde lächeln - für das eigentliche Gotteswort halten? Wenn sich der Heilige Vater auf Jesus und dessen Verkündung beruft, die durch ihn in die Welt gekommen ist, schalten zwar alle die Fernsehgerät ein, aber solange sie nur an einen jungen Juden denken, den man heute auf dem großen Kirchenevent als Christengott hochleben lässt, wird das Hören dessen, was nicht nur die Verfasser des Koran annahmen, abgeschaltet. Was in Köln über Jesus gesagt, aus dem Buch vorgelesen wird, trifft zu. Doch ich befürchte, die Erlösung durch Jesus Christus, von der der junge Priesteramtskandidat und der Papst sprechen, ist - solange wir diesen verkünden, ohne ihn im Logos, dem präexistenten und heute lebendigen Schöpferwort verständlich zu begründen, sondern wie von einem geheimnisvollen Gott sprechen, an den man wie an ein Placebo glauben muss - nur noch ein herzerwärmendes, höchst würdevolles, angeblich hochspirituelles Nichts. Denn statt beim stimmungs-vollen gemeinsamen Event die Stimme dessen verstehen zu wollen, die bei der Entstehung des Neuen Testamentes, wie des Koran ganz selbstverständlich in aller Schöpfung und Geschichte verstanden wurde, höre ich nur schöne Reden. Auch wenn viele guten Gefühle freigesetzt werden, so liegt dann die Rede von Gott leider außerhalb der Realität der Welt, die diese dann nur als warme fromme Worte oder gut gemeinte Forderungen versteht.

 

Warum können wir nicht nach dem Wort und schöpferischen Geist fragen, der für die Verfasser des Koran, wie des Neuen Testamentes bestimmend war? Warum kann der Logos Gottes, wie ihn die heutige Wissenschaft im Grund einheitlich logisch beschreibt, nicht als ewiges Wort, Sohn gesehen und somit zum Leitbild einer modernen monotheistischen Welt werden, die sich ihrer verschiedenen Kulte durchaus bewusst bleibt?

 

Ich würde mich freuen, auf diese Fragen eine Antwort zu erfahren und gleichzeitig auch Anstöße zum Weiterdenken geben zu können.

 

Mit freundlichem Gruß

 

Gerhard Mentzel

 

Schänzelstr. 9

67377 Gommersheim

gerhard.mentzel@gmx.de

www.theologie-der-vernunft.de

 

 

Als Nachtrag einige Überlegungen, die dazu führten, dass ich mich mit dem Koran als Zeuge des ewigen Gotteswortes bzw. der Arbeit „Jesus im Koran“ erneut auseinander setzte und die zu den obigen Überlegungen führten:

 

 

  1. Der Koran: Wort Gottes oder dessen Vermittlung?

 

„Im Unterschied zur Bibel enthält er nicht das Wort Gottes, er ist es.“ so war im Juni 2005 in der FAZ zu lesen, die sich mit der Bedeutung des Koran, seiner Entstehung sowie seiner historisch-kritischen Forschung beschäftigte, gleichzeitig mich wieder auf die philologische Nähe zum Neuen Testament aufmerksam machte.

 

Vor Jahren hatte ich anlässlich einer Tagung über Christen und Moslems bzw. die Grundlage der beiden Glaubensgeschwister angefragt, "Sind Moslems wahre Christen" (www.theologie-der-vernunft.de). Denn während damals der katholischen Referent den Katechismus, die Buchstaben der schriftliche Lehre in der Vordergrund stellte, wurde bei den Moslems die schöpferische Realität im gesamten Kosmos in den Mittelpunkt gerückt. Dort, wo ich das ewige Wort als den historischen und heute lebendigen Jesus vermute, vermittelte mir das Oberhaupt der islamischen Gemeinde Mannheims die Grundlage seines Glaubens, während sich der junge jesuitische  Bibelwissenschaftler nur auf Papier bezog.

 

Doch die kosmische Realität des Creators, das präexistente Schöpfungswort, scheint nur die eine Seite der Medaille. Denn weit mehr noch als bei Juden und Christen, bildet eine Gesetzlichkeit heute für die Moslems die Grundlage des Glaubens, enthält der Koran angeblich die einzige unumstößliche Offenbarung und führt so zu einem abgrenzenden Buchstabenfundamentalismus, der weitgehend willkürlich interpretiert wird. Und ebenso wie bei den beiden verschwisterten Buchreligionen, führt im Islam die alleinige Bezugnahme auf Buchstaben und eigene Meinungen den Wille dessen in die Irre, von dem das Wort/die Vernunft ausgeht, das mit Sicherheit auch im Koran nachzulesen ist.

 

Wie wichtig es war, der Präsenz des Schöpferwortes ein schriftliches Fundament zu geben, vor Verfall und Missbrauch zu bewahren, wach denkend zeitgemäß vermittelbar zu machen, vor Rückfall in polytheistische Göttermythen zu schützen, braucht gerade im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte des Koran nicht nochmals besonders betont zu werden. Die Weisheit, die sich hinter der zeitsprachlichen Schriftwerdung des somit für jedermann verständlichen schöpfungswirksamen Wortes im Geschichtsprozess des sich ewig weiterentwickelnden Verständnisses verbirgt, liegt heute auf der Hand. Die schöpferische Logik (letztlich der Logos) der Geistes- bzw. Glaubensgeschichte, über die archaischen Urformen, die Mythen des Polytheismus, reine Riten und Opferkult, bis zum ausformulierten und festgeschriebenen Monotheismus, wie wir ihn in Tora, Bibel und Koran finden, lässt sich heute in einem kollektiven Lernprozess nachweisen.

 

Doch die heutige Deutung des Koran, die Auswertung unseres Wissens um seine Geschichte lässt uns nachvollziehen, dass der Text am Anfang nicht das Wort Gottes selbst war, sondern die eindeutige Botschaft davon. Wenn diese Bedeutung heute für die Welt nicht mehr vorhanden ist, dann bedeutet es nicht, das Buch zuzuschlagen, sondern in einer Reform nach dem ursprünglichen Schöpferwort zu fragen, es den Menschen verständlich zu machen. So wie wir heute davon ausgehen, dass auch der Koran keinem besonders Frommen heimlich in die Feder diktiert wurde oder plötzlich vom Himmel gefallen ist, wissen wir auch, dass am Anfang durchaus darüber gestritten wurde, welche Bedeutung der Text (die vorausgesetzten Traditionsmythen/das Gesetz) hat und welche Rolle der schöpferischen Realität als das ewiges und ungeschaffenes Wort Gottes und seinen Vermittlungsgestalten zukommt. Und darüber gilt es auch mit Hilfe des Koran neu nachzudenken.

 

  1. Jesus als den Religionen gemeinsame universelle Offenbarung verstehen

 

Der Schöpfer hat in aller Natur eine Vielfalt wachsen lassen, bei der - wie wir aus den Erkenntnissen über die Evolutionslehre bzw. den Prozess kosmischer Kreativität wissen – alles seine Bestimmung hat, sich alles gegenseitig ergänzt. Wer im natürlichen Werden das schöpferischen Wort, den wegweisenden Logos Gottes wahrnehmen will, für den liegt daher das gegenseitige Lernen in der Pluralität der verschiedenen Kulturen auf der Hand. Der Auftrag mit anderen Arten der Anbetung und Erkenntnis in einen Lern-Dialog zu treten, leitet sich danach nicht aus alten Lehren ab, sondern der im Koran vorgestellte Jesus selbst (der schöpferische Geist, die universelle Vernunft, der ewige Logos) ist es, der dazu den eindeutigen Auftrag gibt.

 

Doch wie sollen wir in einen echten Lern-Dialog treten, wenn jede Religion nur ihre eigenen Bücher und Religionsgründer vergöttert bzw. als Dogma hochhält, ohne nach einem gemeinsamen Wort hören zu wollen? Von einem echten Lern-Dialog mit dem naturwissenschaftlichen Weltbild, das eine Schöpfermacht im scheinbaren Selbstorganisationsprozess nachweisen will, so längst die moderne Metaphysik vorgibt, ganz zu schweigen. Alle gut gemeinten Ansätze bleiben so weitgehend oberflächlich und rein theoretisch. Erst wenn wir von der im Koran geforderten Gleichsetzung Jesus mit Gott abrücken, ihn als ewiges Schöpferwort verstehen, können wir begreifen, warum er zur Zeitenwende für eine universelle Offenbarung gehalten wurde. Dadurch belegt sich gleichzeitig die Logik der Kirchendogmen, die uns den notwendigen Denkweg zum gemeinsamen Verstand des Gotteswortes zeigen können.

 

Während ich mich bisher in meinen Überlegungen meist gegen eine verflachende Vermenschlichung Jesus richtete, die die Christologie verleugnete, wird mir immer mehr und nicht zuletzt in der Auseinandersetzung mit dem Korn bewusst, wie die Gleichsetzung des christlichen Logos mit Gott den gemeinsamen Verstand einer lebendigen Vernunft verhindert. Die Frage nach dem ewige Wort, dem schöpferischen Geistes, den uns nicht nur der Koran, sondern m.E. alle neutestamentlichen Texte als Messias vorstellen, schließt sich im heutigen Historienverständnis aus. Auch wenn der Papst beim Weltjugendtag die Synagoge besucht und um die Verstöhnung der Religionen bemüht ist. Ich befürchte, ohne ein Verständnis des gemeinsamen Wortes, ist dies nicht zu machen, bleiben alles warme Worte. Die dogmatische Setzung des christlichen Wortes und vor allem die Annahme, es würde sich um einen Begriff für Gott handeln, lässt alle Rede vom Logos als Glaubenszeugnis im überkommenen oder persönlichen Sinne erscheinen, ein Geheimnis das nicht zu lüften ist. Solange keiner ernsthaft nach dem Geist der gesamten natürlichen Schöpfung fragt, der laut Koran auch in Jesus lebendig war, bleiben trennende Buchstaben.

 

Auch wenn immer wieder betont wird, dass es um das im Werden der Welt lebendige, im kosmischen Geschehen zu erfassende Wort geht, wird in aller Apologetik eine persönliche Spiritualität vermutet, keinesfalls eine kosmische Realität. Dass jede urchristliche Gnosis auf einem konkreten Bild vom realen Werden der Welt baut, braucht dann nicht weiter zu interessieren. Selbst wie sinnvoll es damals war, die abstrakten, verschiedenartigen Gnosisvorstellungen eindeutig in der uns bekannten Geschichtsgestalt zusammenzuführen, kann kein Thema sein. Es war ja angeblich nur ein Reformjude, den die Kirche zu Gott erklärte. Auch bei Philo, der vom lebendigen Logos als Gottessohn spricht, diesen aus dem damaligen Weltbild abeitet, wird dann nur ein philosophisch-hellenistisches Kleid für die jüdisch-biblische Lehre gesehen. Wer von einem vergotteten Wanderprediger ausgeht, muss auch die frühchristliche Apologetik als neuplatonischen Anstrich für den als Gott behaupteten Sohn sehen. Und so wird dann auch bei aller heutigen Rede vom Gotteswort automatisch davon ausgegangen, dass es nur um Gottesbehauptungen aufgrund alter Lehren im Sinne einer persönlichen Sonntagspredigt ginge, wie sie heute überall zu hören ist.

 

Auch die Prozesstheologie oder andere Überlegungen einen gemeinsamen Nenner zwischen Natur und Glaube zu finden, bleiben dann ein rein theoretisches Spezialgebilde, ohne Bedeutung für die christliche Religion bzw. den universellen Monotheismus. Der kosmische Christus, den der naturwissenschaftlich gebildete Teilhard de Cardin aus seinem ganz anderen Verständnis von Evolution ableitete, wird als persönliche Mystik abgetan. Den aus dem lebendigen Geschehen aller Genesis abgeleiteten schöpferisch-kreativen Logos kann man sich scheinbar nicht vorstellen. Wo im natürlichen Wort nach der Realität einer ewigen Vernunft, eines Wortes oder Geistes gefragt wird, das auf den altebekannten Sprecher verweist, wird immer nur abstrakte religiöse Rede verstanden, bestenfalls persönliche Spiritualität. Mein ständiges Insistieren auf den lebendigen Logos wird dann von den Schriftgelehrten nur als Überbetonung einer Lehre gesehen, für die man doch seit seinem Studium eine ganz konkrete Schublade hat, eine Art kirchliche Gottesrede vermutet.

 

Mit einem die Vernunft des Kosmos begründenden Monismus kann man in diesem christlichen Selbstverständnis sowenig anfangen, wie mit der gesamten modernen Naturlehre insgesamt, die in ihren ganzheitlichen Betrachtungen längst auf einen schöpferischen Geist verweist. Wer den Weltgeist/Logos, der für Johannes neue Offenbarung des einen Schöpfers war als Gott selbst hinstellt, kann auch im Weltgehirn/einer Vernunft, die Einstein als Grund aller kreativen Entstehung und ewigen Erneuerung des Kosmos sah, nur eine pantheistische Gottesvorstellung vermuten, keinen Zeigefinder auf den Schöpfer. Aller Monismus, der den schöpferischen Geist auf moderne Weise belegt, bleibt so eine unbedeutende Wissenschaft, taugt nicht zur Monotheismusbegründung. So würfeln sich die, die Einstein & Co. vorwerfen, eigene bibelferne Gottesgebilde entsprechend ihres Weltbildes zu basteln, selbst ihre eigene vielfältigen Vorstellung vom Schöpfer zusammen. Mit dem natürlichen Werden hat Gott dann meist nur noch beim Erntedankfest etwas zu tun. Im heutigen Weltbild ist Gotteswirken (irdische Wirk-lichkeit) nicht mehr präsent. Monotheismus steht nur auf dem Papier, das kaum noch jemand ernst nimmt. Doch die Gottestod-Analyse, die man Nietzsche aufgrund des damaligen Darwin-Schockes vorwarf, ist nur scheinbare Realität. Weder Gott selbst, noch sein lebendiges Wort, der christliche Logos, ist gestorben, lernen wir im Koran, sondern Judas: die buchstabengemäße Gesetzlichkeit der äußeren Hülle.

 

Auch die „angeblichen“ Kreationisten setzen ihr Intelligent Design außerhalb die naturwissenschaftliche Lehre oder kreieren ein eigenes wundersames Hokus-Pokus, neben die natürliche Kreativität (Schöpfung). Und wenn heute der amerikanische Präsident verlangt, dass im modernen Schulunterricht nicht nur die naturwissenschaftliche Deutung gelehrt wird, sondern der die Buchstaben bewahrenden Kreationismus, über den die Europäer mehr als erbost sind, viele Europäer nur noch nach mystischen eigenen Erfahrungen suchen und alles für ein Mysterium halten, kann mir keiner mehr erzählen, dass wir Christen noch Mono-theisten seien. Jeder hat seine eigene Vorstellung vom realen Wirken Gottes, bei dem Jesus Christus in Wirklichkeit nicht vorkommt: grenzenlose Verschiedenheit, bei der oft gar gezweifelt wird, ob Gott überhaupt der Schöpfer sei. Der Gottesbegriff ist zum Götzen einer Anbetung geworden, die alles Andere wie eine Anspache seiner maßgebenden und gütigen realen Schöpfermacht ist. So ist dann auch zu beobachten, dass bei der Beurteilung aller alttheologischen Texte, die auf die Offenbarung des einen Gottes verweisen, nicht davon ausgegangen wird, dass damals den Alten die eine Schöpfungsmacht deutlich geworden wäre. Es wird dann wie automatisch meist immer nur gedeutet, wie wenn ein Prophet ein altes Dogma von einem an ihn nachts im Schlaf geheimnisvoll ergangenes Wort aufgestellt hätte. In dem aus Bethlehem kommenden Licht nach dem durchdachten Monotheismus des Anfang zu suchen (ob bei Eschnatons rationalem, sich auf kosmische Wirk-lichkeiten beziehenden Monotheismus, der m.E. auch Moses zugrunde liegt, oder später den über Genesis und Geschichtsverlauf nachdenkenden Propheten der Exilszeit, wie jüdischen Weisheitslehrern), kommt kaum vor.

 

Im logischen Werden auf den schöpferischen Geist zu schließen, der für die Jünger Jesus, wie später für Muhammad eine Selbstverständlichkeit war, schließt sich aus. Wo in der Vernunft allen evolutionären (natürlichen und geschichtlichen) Werdens nicht nach dem göttlichen Wort gefragt wird, muss man dann annehmen, dass Gott nur in das Korsett der Kausalität gezwungen werden soll. Dass sich der Schöpfer nicht nach den Gesetzen der Natur zu richten hat, sondern hier das wirksam ist, was in der Antike als Sohn, Wort und Geist wahrgenommen wurde, kann nicht gesehen werden. Die heutigen Kausalgesetze erfassen sicherlich nur einen Teil der Wirklichkeit. Auch wenn die Vernunft des großen Ganzen immer deutlicher wird. Doch nach dem Übergang vom Mythos zum Logos kommen wir nicht mehr zurück, müssen in der einen universellen Welterklärungslogik nach dem Wort des einen Schöpfers fragen.

 

Statt in dem mit zunehmendem Wissen um die unvorstellbare Kreativität immer mehr bestaunenswerten Wunder allen kosmischen Werdens, wird heute aufgrund des christlichen Historien- und somit Selbstverständnis immer nur nach einem Hokus-Pokus außerhalb des natürlichen Logos als Hinweis auf Gott gesucht. In Vermischung von Buchstäblichkeit mit der Übertragung von menschlichen Normen auf die Natur, werden dann viele Vorgänge in der Bio-logik als böse betrachtet. Eine umfassende schöpferischen Vernunft und natürliche Sinngebung ablehnend oder zumindest nicht wahrnehmend, werden auch heute noch sozialdarwinistische Kurzschlüsse aus der Evolutionslehre gezogen und alle neuen Erkenntnisse über die kausale kreative Fruchtbarkeit des Kosmos, nach wie vor meist gegen Gott gestellt. Nicht der alte Schöpfer aller Dinge, sondern das persönliches Gebilde eines buchstäblichen Wundergottes, muss dann im Abendgebet vergeblich versucht werden zu überreden. Statt sich am Abend und Morgen wach denkend, dankend und begeistern auf den Wille des "wirk"-lichen Schöpfers einzuschwören, um tagsüber seine wunderbare kosmische Ordnung auf menschliche Weise halten, realen schöpferischen Sinn/Logos leben zu können, wird Gott als Nebensächlichkeit eines persönlichen Placebo verstanden.

 

Warum die Wahrnehmung Jesus Christus wirklich zum universalen Monotheismus führen kann, sich so das katholische „Dominus Jesus“ belegen lässt, wie ich ständig versuche zu begründen, kann dort, wo Christus einfach mit Gott gleichgesetzt wird, nicht nachvollzogen werden. Man muss dann denken, dass die Rede vom Logos nur missverstandene wirre Dogmatik wäre. Ein Laie, der die christliche Lehre nur nicht richtig verstanden hat. Es wird dann davon ausgegangen, dass Begriffe vermischt werden, von denen man doch längst weiß, in seinem Studium gelernt hat, dass sie nichts mit einander zu tun haben, muss der gebildete Theologe denken. Das Wort/den ewigen Logos Gottes mit dem natürlichen Werden, der Kreativität des Kosmos in Verbindung zu bringen, schließt sich im heutigen Denken aus. Die Turmbauten theoretischer Theologiekonstrukte stehen zwischen den Begriffen, verhindern das Denken. Und wo dann der historische Jesus als ein einfacher Mensch mit Sonderbegabung vorausgesetzt wird, wie das in der gesamten heutigen Wissenschaft geschieht, müssen alle Bedeutungsaussagen als aufgesetzte Kirchendogmen erscheinen, werden auch bei meiner Rede vom Logos dann nur leere Worte verstanden. Ein denkendes, logisches Folgern, als Zeugnis des von Gott gezeugten Schöpfungswortes im Werden der Welt, wie es in der Antike nicht nur bei Philo das theologische Thema war, sondern sich wie im Neuen Testament in der Person Jesus geschildert, mit dem Gesetzesglaube und Vergötzungen auseinandersetzte, kann in der heutigen Denke nicht vorkommen.

 

Wenn wir unser Selbstverständnis erweitern, werden wir im Sohn der Maria den Bringer des universalen Monotheismus sehen. Hierzu gilt es, in der Pluralität der verschiedenen Weltdeutungen nach dem offenbarenden präexistenten Wort zu fragen, dessen menschliche Gestalt bisher als Gott selbst gesetzt wird. Nur ständig von einem „grenzenlosen Geist“ der gesamten Welt zu reden, wie es vom Oberhaupt der katholischen Kirche gleich bei der Landung zum Kirchentag in jedem zweiten Satz zu hören war und den die Weltethiker ständig betonen, reicht nicht. Sich nur auf die gemeinsamen Wurzeln von Juden, Christen und Moslems zu berufen und die Synagoge zu besuchen ist zu wenig, wenn das gemeinsame Wort nicht verstanden wird, sondern jede Glaubensform ihr Gesetz darüber und ihre Gestalten vergöttert, ohne in zeitgemäßer Weise nach dem gemeinsamen schöpferischen Grund zu fragen. Denn wenn wir uns auf die frohe Botschaft des Jesus Christus berufen, ohne konkreten Bezug zur schöpferischen Realität des allgemeinen Weltbildes, muss alle Welt annehmen, es wäre nur frommes Gerede.

 

  1. Dominus Jesus einen gemeinsamen Grund geben, neu denken

 

Wenn die katholische Kirche (bzw. damals Kardinal Ratzinger) an Dominus Jesus erinnert, muss dies im heutigen Historienverständnis als christliche Anmaßung und Ausgrenzung der anderen Glaubensformen gesehen werden. Bestenfalls ein Anspruch auf den Christusgott des eigenen Gesetzes, wird gesehen. Die universelle Heilswirkung, die von Jesus ausgeht, kann scheinbar nur nachvollzogen und in der Realität bewahrheitet werden, wenn wir ernst nehmen, was uns der Koran vorstellt. Statt den Begriff Gottessohn einfach wie eine Miniaturausgabe des unbegreifbaren Gottes zu setzen, kann heute dort, wo wir im modernen Sprachgebrauch längst vom Schöpfer, Creator reden, ohne es zu beachten – im kreativen, d.h. natürlich-schöpferischen Werden des gesamten Kosmos – in völlig neuer Weise das Wesen des Wortes begreifbar gemacht werden, das auf den unsichtbaren Sprecher verweist.  So ist der gemeinsame eine Gott in einer einheitlichen Sprach zeitgemäß logisch zu begründen. (Einen laienhaften Versuch habe ich hierzu unter www.theologie-der-vernunft.de, Texte 2005, ausgelöst durch die Diskussion nach einer Kritik von Kardinal Schönborn an der Evolutionslehre, unternommen.)

 

Wer das ewige Wort in allem Werden wahrnimmt, der geht nicht mehr davon aus, dass sich der Koran nur einen Jesus nach seinem Weltbild zurechtzimmert, wie dies die heutige Religionswissenschaft tun muss, sondern sieht darin eine Sichtweise, die sich aus der Zeit bzw. der Perspektive Muhammads nachvollziehen lässt. Selbst die Sufi-Dichtung kann uns dann möglicherweise mehr über den jüdisch-christlichen Messias sagen, die Stimme des Meta-Erzählers in Schöpfung und Schrifttradition verstehen lassen, als moderne christliche Theologie-Turmbauten, die nur von einem Menschen Jesus ausgehen, der als Gott gesetzt wurde.

 

Aus einer Mystik bzw. einer außerweltlich-unwirklichen Metaphysik kann nur ein vernünftiges Schließen auf den Schöpfer aufgrund des heutigen Schulwissens um das vernünftige Geschehen werden, wenn wir bereit sind, neu über das Wesen Jesus nachzudenken. In dem wir die Konzilsbeschlüsse eben so ernst nehmen, wie die sich aus dem Koran ergebenden Jesus-Deutungen, kann nachgewiesen werden, warum Jesus Christus wirklich der universale Mittler und Erlöser der gesamten Welt ist. Von einer Vernunft/Wort allen Werdens ausgehend lässt sich nachvollziehen, warum in Jesus der schöpferischer und menschliche Logos lebendig war, ohne nur einfach ein Mensch oder Gott selbst zu sein. Ohne sich über andere Religionen zu erheben oder einen Einheitsbrei persönlicher Religiösität zu rühren, können die eigenen Wurzeln in einem Wort erkannt werden, das aller Welt und damit auch anderen Kultformen zugrunde liegt. Der Relativismus der Ideologien und ideologisierten Religionen, die zum heutigen Fundamentalismus der Gegensätze und Kulturkämpfen führen, ruft nach der Realität einer Vernunft, die ein Stockwerk über uns liegt.

 

In einem neuen, auf den universellen, schöpferischen Logos gründenden Selbstverständnis könnten wir den anderen Weltanschauungen verdeutlichen, was die christliche Menschwerdung der vernünftigen Schöpfungspräsenz bedeutet und welches Heil nach wie vor davon ausgeht. Durch Christus wird es möglich, den weltweiten Monotheismus des Judentums zu bewirken.  Das scheint die christliche Mission zu sein. Nicht die anderen Vorstellungen missionierend zu eigenen Gottesbildern zu überreden, uns an Dogmen zu er-götzen und durch Buchstäblichkeit ein waches Bewusstsein des Gotteswortes zu verhindern, sondern das ewig vom Schöpfer gesprochene Wort dem freien Verstand zuzuführen.

 

So lässt sich auch die gesamte Dreieinigkeit in einem Sinne deuten, bei dem sie weder von Moslems, noch von Juden als Götzenglaube angenommen werden muss. Gott ist dabei nicht nach unserer Rationalität zu erschaffen, wie es dort geschieht, wo sich jeder sein persönliches Gottes-Christusbild zurechtzimmert und sich dabei auf den Heiligen Geist beruft und verlangt blind an die drei Gottes-Begriffe zu glauben, die man vorsetzt. Vielmehr kann die alte Vertrautheit, jenseits abstrakter Theologien, in einem Verständnis der universalen Vernunft/des ewigen Wortes als universelle Offenbarung mit messianischer Wirkung wieder gewonnen werden. Die alten Texte werden dabei wegweisend sein. Doch die Logik der Tora und der Menschwerdung des Neuen Testamentes, wie der im Koran, bedürfen einer neuen Nachfrage nach dem, was am Anfang gehört wurde und war.

 

In anderen Religionen und Weltanschauungen den eigenen Logos lernen, das wäre Apologetik von heute, die zur gemeinsamen Wahrnehmung eines Schöpferwortes führt, das auf den einen Gott verweist. Selbst archaische Deutungen kosmischer Schöpfung oder das fernöstliche Tao sagen heute mehr über die schöpferische Tatsache, eines für die Ordnung des das reale Geschen der Genesis bewirkendes Wortes/einer universellen Vernunft als präexistentes Offenbarungswesen aus, als heutige Theologie, die nur in für die Welt unbedeutend gewordene Theoriengebilde in papiernen Dogmen begründet. Doch die Vernunft, nach der auch die katholische Enzyklika „Fides et Ratio“ ruft, braucht kein Gegen-satz zum Traditionswort mehr zu sein. Wenn wir von einem neuen christlichen Historien- und somit Selbstverständnis ausgehen, das den Logos des natürlichen Werdens nicht als Gegenwort mehr versteht, wie dies bisher von kurzgeschlossener Buchstäblichkeit aus gedacht werden musste und zur Spaltung führte, gibt es nur noch ein Wort, das den verschiedenen Denkweisen von Gott bzw. der naturwissenschaftlichen Weltdeutung zugrunde liegt.

 

Der schöpferischen Sinn vermittelnde Logos Gottes,  wie dessen menschliche Wegweisung, sind dann nicht nur aus der Gottesworterfahrung alter Dokumente abzuleiten. Sie lassen sich von einer kosmischen Vernunft ausgehend, vernünftig denkend nachvollziehen. Die Brücke, um den scheinbaren Gegensatz von Evolutionslehre, Schöpfungs- und Erlösungstheologie zu überwinden, kann nicht durch eine gut gemeinte Schönrederei auf Kirchentagen gebaut werden, ein Angleichen der Ethik oder eine Aufgabe von Bedeutungsinhalten der eigenen Lehre, sondern ein gegenseitiges Lernen in anderen Weltdeutungen. Ganz so, wie uns es uns die alten biblischen Berichte von der Exilserfahrung, aber ebenso auch die modernen Erkenntnisse kosmischer und menschlicher Kreativität im Prozess evolutionären Werdens vorgeben. Gerade die jüdische Geschichte, Wurzel des Monotheismus, kann dabei wegweisend für ein neues gemeinsames Gotteswortverständnis sein. (mehr hierzu unter www.theologie-der-vernunft.de, Texte 2004, „Der Weg ins gelobte Land geht weiter“, wie Texte, die sich über die Exilserfahrung des prophetischen Monotheismus beschäftigen.)

 

Wer vom präexistenten Schöpfungswort ausgeht, für den ergibt sich christlich-schöpferische Logik in dem, was der Koran in Sure 5 sagt: „Gott hat die Tora als Licht und Führung herabgesandt, zusammen mit den Propheten, Rabbinern und Priestern. Danach Jesus und das Evangelium. Später sandte er den Koran, der die früheren Offenbarungen bestätigte und bewahrte.“ Wer in Jesus das lebendige Wesen/Wort versteht, aus dem der Koran, wie die Aufklärung und das heutige naturwissenschaftliche Weltbild erwachsen ist, kann keine Gegensatze mehr sehen, wenn Jesus Christius als gänzliche, einzigartige und vollständigen Offenbarung bezeichnet wird. Versöhnung unter den Weltbildern, wie mit dem Schöpfer geht dann vom ewigen Sohn bzw. einem durch ihn gegebenes heiles Denken aus, nicht von menschlicher Selbsterlösung.

 

Doch ich befürchte, solange die Weltjugend beim Kirchentag den Gottessohn nur als ein gesetzter Christusgott verstehen muss, auf dem Marienfeld in der Massenfeier zur Anwesendheit Christi der Sohn der Maria nicht als schöpferische Logik-Vernunft präsent ist, kann keine Versöhnung sein. Weder die zwischen den Glaubensvorstellungen, noch die der Vätervorstellungen mit dem Weltbild, das der Jugend in den naturwissenschaftlichen Fächern vermittelt wird.

 

„Wir müssen uns viel mehr kennen lernen“ hat Papst Benedikt XVI im Hinblick auf andere Glaubenvorstellungen gefordert. Doch warum können wir hierzu nicht in neuer Weise über das christliche Wesen nachdenken?